Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)

Birdman

8/10

Originaltitel: Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance)
USA | 2014 | 119 Min. | FSK: ab 12
Komödie, Drama
Regie: Alejandro González Iñárritu
Drehbuch: Alejandro González Iñárritu, Nicolás Giacobone, Alexander Dinelaris, Jr., Armando Bó
Besetzung: Michael Keaton, Zach Galifianakis, Edward Norton u.a.
Kinostart: 29.01.15
DVD/Blu-Ray VÖ: 11.06.15

Links zum Film: IMDb | Wikipedia | film zeit
Bilder © 2015 Twentieth Century Fox

Worum geht’s?

Es ist nur ein mittelgroßes Theater am Broadway, doch die ultimative Chance für Schauspieler Riggan Thomson, seine Karriere zu retten. Nach drei erfolgreichen Filmauftritten als Superheld Birdman wurde es still um ihn, doch eine Adaption der Kurzgeschichte ‚What we talk about when we talk about love‘ mit ihm als Regisseur, Autor und Hauptdarsteller soll Abhilfe schaffen. Riggans Tochter, seine Ex, seine Freundin sowie ein arroganter Kollege machen es ihm nicht gerade leicht. Und dann erscheint auch noch sein imaginäres Alter Ego Birdman mit zynischen Kommentaren.

Wie ist der Film?

Szenenbild BirdmanAlejandro González Iñárritu bleibt seinen Lieblingsthemen stets treu und überrascht doch immer wieder mit neuen Geniestreichen. Anders als in seinen Episodenfilmen „21 Gramm“, „Amores Perros – Hundeliebe“ und „Babel“ heftet er sich hier an eine einzige Hauptfigur, wie im Vorgänger „Biutiful“. Aber wie immer sind einige verschiedene Schicksale miteinander verknüpft, und diesmal nicht durch Sprünge, sondern – ganz im Gegenteil – in einem langen Fluss. Was Hitchcock mit „Cocktail für eine Leiche“ gelang, schafft Iñárritu mit zeitgemäßen Mitteln noch eindrucksvoller: Dank ‚unsichtbarer‘ Schnitte wirkt „Birdman“ wie eine ununterbrochene Einstellung. Zeit für Langeweile bleibt keine, denn die überragende Schauspielerei ist allgegenwärtig.

Ein dermaßen starkes Ensemble sieht man wirklich selten. Von Batman zu Birdman – bestimmt kein Zufall und eine gute Entscheidung: Michael Keaton brilliert in seiner ersten großen Kinohauptrolle seit einer gefühlten Ewigkeit. Als verblasster, doch widerspenstiger Held ist er perfekt. Seine Kollegschaft steht ihm in nichts nach. Edward Norton („Fight Club“) ist eine kleine Sensation, Naomi Watts („Mulholland Drive – Straße der Finsternis“) bezaubert wie eh und je und Emma Stone („Crazy, Stupid, Love.“) liefert emotionale Faustschläge. Zach Galifianis („Hangover“) gibt sich ungewohnt seriös und wirkt gerade deshalb so überzeugend wie nie zuvor; kein Außenseiter unter den renommierten Hollywoodstars. Und das war nur die Hälfte der Top-Besetzung.

Eine akribische Planung bis ins kleinste Detail und zermürbende Proben zahlen sich aus. Verschiedene Personen, Räume und Handlungsebenen bilden eine bemerkenswert harmonische Einheit. Der originelle Jazz-Schlagzeug-Soundtrack ersetzt quasi die Montage und schafft reichlich Dynamik. Auf Riggans Suche nach Anerkennung vermischen sich Realität und Fiktion, Kunst und Wirklichkeit. Die grundlegenden Themen in „Birdman“ lassen sich auf verschiedenste Lebensbereiche übertragen. Aber dennoch – und das ist der einzige Konflikt des Films – verbaut sich die komplex erzählte Geschichte mit all ihren Tricks ein Stück weit den direkten Weg zu den Publikumsherzen. Bevor „Birdman“ tief berührt, geht es doch nur ums Staunen und Grübeln, obwohl der Film bemüht ist, sich so nah wie möglich an die Hauptfigur zu heften.

Ob es diese wahnsinnigen Plansequenzen überhaupt braucht, um den Inhalt angemessen zu transportieren, ist eine Frage, die zumindest mal im Raum stehen soll. Vielleicht diente es der Intensivierung des ohnehin grandiosen Schauspiels. Ansonsten dient es eben dem Wow-Effekt, der „Birdman“ in erster Linie zu einem virtuos inszenierten Experiment macht. An zweiter Stelle bleibt eine verkopfte Studie von Vergänglichkeit, Showbizz- und Medien-Satire sowie dem Kampf mit sich selbst, stets zwischen Komödie und Drama. Das ist arg viel, aber immerhin ein blühendes Wechselbad der Gefühle.

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1 Kommentar

  1. Grübeln kann man nach diesem Film allemal genug. Das tue ich heute noch und ich liebe es wenn der Film einen die Möglichkeit gibt noch lange über ihn nachzudenken. Dennoch frag man sich trotzdem irgendwann was denn nun wirklich der Sinn und die Aussage eines solchen Films ist.

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