American Horror Story

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6/10

Originaltitel: American Horror Story
USA | seit 2011 | ca. 43 Min. | FSK: ab 16/18
Horror, Thriller, Drama
Idee: Ryan Murphy, Brad Falchuk
Drehbuch: diverse
Besetzung: Dylan McDermott, Jessica Lange, Zachary Quinto u.a.
DVD/Blu-Ray VÖ: 26.07.13, 28.02.14, 26.02.15, 07.04.16, 13.10.16, 13.09.17, 13.09.18, 26.09.19

Links zur Serie:
IMDb | Wikipedia
Bilder © 20th Century Fox

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Murder House | Asylum | Coven | Freak Show
Hotel | Roanoke | Cult | Apocalypse
1984 | Double Feature

Staffel 1: Murder House

Worum geht’s?

Psychiater Ben Harmon, dessen Frau Vivien und Tochter Violet beziehen ein großes, altes Haus, um ein neues Leben zu beginnen. Doch die Geister aller Menschen, die in vergangenen Jahrzehnten dort wohnten und starben, machen der konfliktbeladenen Familie einen Strich durch die Rechnung.

Wie ist die Serie?

AHS 1Der amerikanische Traum vom Neuanfang verwandelt sich in einen Albtraum. Kann eine Fernsehserie genauso gruselig sein wie die Tatsache, dass sie von den „Glee“-Schöpfern stammt? Ja! Der Auftakt von „American Horror Story“ Staffel 1 ist furios: ein klassisches Spukhaus, entstellte Fratzen, musikalische Hitchcock-Zitate, bizarre Erotik und mittendrin ein von Anfang an konfliktbehaftetes Ehepaar mit einer ziemlich coolen Tochter. Die vom US-Qualitätssender FX („Sons of Anarchy“) produzierte und von Fox vertriebene Hochglanzproduktion überrennt das Publikum zunächst mit einer Flut unheimlicher Rätselhaftigkeit, was Genrefans so richtig Blut lecken lässt. Erst ab Folge 3 offenbart sich allmählich, worum genau es überhaupt geht und wer all diese Gestalten, die sich im Haus aufhalten, sind.

Vielfältige und unvorhersehbare Rückblenden enthüllen auf spannende Weise die Geschichte rund um das ‚Murder House‘, den Star der ersten Staffel. Peppige, gekonnt eingesetzte Stilmittel wie etwa die häufigen Jump Cuts bescheren der Serie ein knackiges Tempo und eine stimmungsvolle Atmosphäre. Ebenso schauspielerisch rangiert „American Horror Story“ auf hohem Niveau. Vorzeigegesicht ist Jessica Lange („Tootsie“, „Kap der Angst“, „Broken Flowers“), die für die dankbare Rolle der Wissendsten von allen mehrere der renommiertesten Fernsehpreise gewann. Doch ihr Umfeld steht ihr in kaum etwas nach. Die junge Taissa Farmiga („The Bling Ring“) ist eine vielversprechende Neuentdeckung. Unter den Nebenfiguren gefällt besonders Zachary Quinto („Star Trek“) als Chad Warwick, der in einem schwulen Liebesdrama gefangen ist.

Dank der zahlreichen, auf engem Raum wiederkehrenden Figuren ist in „American Horror Story“ immer etwas los. Allein der Running Gag mit der Haushälterin, die von Männern als sexy Verführerin, von Frauen aber als alte Dame gesehen wird, ist köstlich. Vermeintliche Willkür beim Auftauchen von seltsamen Gestalten weiß die Staffel im weiteren Verlauf stets aufzulösen. Trotz allem geht in der zweiten Hälfte, nachdem Folge 6 noch mit einer intensiven Amoklauf-Einstiegssequenz Aufsehen erregt – die Luft raus. Die spannende Grundidee, die Hauptfiguren im Todeshaus mit ihren Sünden und ihrem Schicksal zu konfrontieren, bleibt eher an der Oberfläche; zu kreuz und quer verlaufen die personalen Verbindungen. So stützt sich die Geschichte schließlich weitgehend auf handwerkliche Raffinesse mit gelungenen Makeup- und Computereffekten. Das sieht immerhin gut aus.

Ein letztes, mit grausigen Enthüllungen gespicktes Aufbäumen in Folge 10, „Smoldering Children“ / „Wer mit dem Feuer spielt“, mündet in ein eher gemäßigtes Finale, bei dem sich ein mehr oder weniger zu nichts führendes Konzept offenbart. „American Horror Story: Murder House“ kann nicht die Ketten durchbrechen, die sich die Staffel mit der Prämisse des verfluchten Hauses selbst auferlegt, sodass man eigentlich nur zusieht, wie sich die Schraube nach unten dreht. Und damit ist die Geschichte dann abgeschlossen. 7/10

Staffel 2: Asylum

Worum geht’s?

Die 60er. Schwester Jude leitet mit strenger Hand die psychiatrische Anstalt Briarcliff und veranlasst, dass die lesbische, zu neugierige Journalistin Lana Winters dort als Patientin festgehalten wird. Gemeinsam mit anderen Insassen deckt Lana mehr grausige Geheimnisse auf als ihr lieb ist.

Wie ist die Serie?

AHS2Das war ja noch gar nichts. Mit Staffel 2, „American Horror Story: Asylum“, legt die Serie erst richtig los. Bekannte Gesichter sind in völlig neuen Rollen und einer neuen Geschichte zu sehen (ein Quereinstieg ist also kein Problem). Diesmal dient eine psychiatrische Anstalt als Schauplatz. Anders als in „Murder House“ spielt der Großteil der Handlung in der Vergangenheit, genauer gesagt in den 60er Jahren. Nicht nur die Kostüm- und Szenenbild-Abteilung kann sich dabei austoben. Vom Naziterror bis zur Bedrohung aus dem Weltall schmeißt Staffel 2 erstaunlich viele Subgenres in einen Topf – eine wahrlich verrückte Mixtur, die tatsächlich funktioniert, schließlich ist Verrücktheit das zentrale Thema der Staffel.

Erneut auftretende Ensemblemitglieder, die in Staffel 1 nur Nebenfiguren spielten, verkörpern diesmal Hauptrollen – ein schöner, fairer Kniff. Jessica Lange ist abermals die Grande Dame und weiß ihre bisherige Leistung in der Serie durch ein irres Emotionsspektrum sogar zu übertreffen. Als interessantester Neuling erweist sich schnell James Cromwell („L.A. Confidential“). Der diabolische Doktor stellt das Herzstück der Horrorklinik dar.

In „Asylum“ finden auffällig ausgeprägte Charakterentwicklungen statt. Durch zahlreiche Twists wechseln die Sympathien so häufig, dass man sich am Ende gar nicht für Lieblinge entscheiden kann, doch entscheidend ist, wie wunderbar kurzweilig sich Staffel 2 durchgucken lässt, da permanent etwas Aufregendes passiert. Letzten Endes sind die Geschichten aus der Anstalt eine riesige Klischeeansammlung, doch die Stereotypen werden so unterhaltsam jongliert, dass ein durchaus origineller, latent ironischer Genrekommentar dabei herauskommt. Hochglanz-Psychothriller trifft auf Exploitation. Handwerklich ist das alles furios inszeniert, eigentlich schon völlig überinszeniert – wo wir aber wieder beim Thema Verrücktheit wären, passend also.

Weil Staffel 2 auf der Zeitebene, der Raumebene sowie der Beziehungsebene komplexer ist als „Murder House“, wächst auch die Angriffsfläche. „Asylum“ bietet in nahezu allen Belangen schlichtweg mehr, dafür häufen sich gegen Ende aber auch die Ungereimtheiten und Übertreibungen. Zum Glück können Figuren ja mal eben sterben, damit am Ende nicht zu vieles offen bleibt. Dem Finale gelingt es dann gerade so, alle wichtigen Kapitel zu schließen. So pendeln sich die beiden Staffeln irgendwie dann doch auf etwa demselben, hochwertigen Level ein. 7/10

Staffel 3: Coven

Worum geht’s?

Die junge Zoe findet auf schmerzliche Weise heraus, dass sie eine Hexe ist und lernen muss, ihre Kräfte zu kontrollieren. So tritt sie einem uralten Hexenzirkel in New Orleans bei. Dort trifft Zoe auf weitere junge Hexen. Fiona, das gealterte Oberhaupt des Zirkels, will ihre Nachfolgerin töten.

Wie ist die Serie?

DVD-Cover CovenIn der dritten Staffel „Coven“ ist bereits bekannt, wie der Hase läuft. Manche Gesichter kennt man noch aus der ersten Staffel, manche aus der zweiten und einige aus beiden (Jessica Lang ist mal wieder mächtig). Hinzu kommen formidable Neuzugänge wie Kathy Bates („Misery“), Emma Roberts („Scream 4“) und Gabourey Sidibe („Precious – Das Leben ist kostbar“). Auf der männlichen Seite sieht es mau aus, höchstens Danny Huston („X-Men Origins: Wolverine“) als Axtmörder stiehlt den Hexen in manchen Szenen die Show. Unbändige Frauenpower regiert, während die Geschichte sich im Kreis dreht.

Die in der Gegenwart angesiedelte Staffel 3 schießt ein mächtiges Eigentor, indem jede Figur, die stirbt, durch Magie wieder zurückgebracht werden kann. Ein erheblicher Spannungskiller, der obendrein für unschöne Wiederholungen sorgt. Im Handlungsmittelpunkt steht als großer Aufhänger die Frage, wer die nächste Hexen-Anführerin wird, doch angesichts des durchgehend starken Ensembles rückt diese Frage völlig in den Hintergrund. Was bleibt, ist schauspielerischer Hochgenuss, technisch verspielt, mit ein paar brutalen sowie schwarzhumorigen Momenten, jedoch wenig Grusel. Ein glänzendes Plädoyer für starke Frauen und gegen Rassismus, nach wie vor Qualitätsfernsehen, aber merklich schwächer als die beiden Vorgängerstaffeln. 6/10

Staffel 4: Freak Show

Worum geht’s?

1952. Exil-Berlinerin Elsa Mars betreibt eine ‚Freakshow‘, wo Menschen mit körperlichen Anomalien im Zirkuszelt ein Publikum unterhalten. Als ein mysteriöser Clown in der Nähe mehrere Morde begeht, fällt der Verdacht sofort auf Elsa und ihre Familie der Ausgestoßenen.

Wie ist die Serie?

American Horror Story Freak ShowSpätestens mit Staffel 4, „Freak Show“ drängen Seifenopernelemente die Horrorelemente ins Abseits. Es gibt schockierende Szenen, doch die Gruselatmosphäre bleibt (weiterhin) aus. Während die Freakshow-Mitglieder sofort als ‚normale‘ Menschen am Rande der Gesellschaft eingeordnet werden, verkörpert nur eine Figur – der stumme Clown – Horror-Archetypen und kommt schließlich nicht über den Aufhänger-Status hinaus. Kleinen Trost spenden die fantastischen Kostüme und Kulissen – „Freak Show“ ist bis dato die Staffel mit der eindrucksvollsten Ausstattung.

Die Stars der Staffel verteilen sich erstaunlich gleich wie zuvor in „Coven“. Jessica Lange dominiert einmal mehr als arrogante, labile Anführerin. Besonders hervorgehoben gehört Sarah Paulson für ihre immens aufwendige Darstellung siamesischer Zwillinge. Die junge Taissa Farmiga fehlt, doch stattdessen brilliert Neuzugang Finn Wittrock als gestriegelter Psychopath. Schade: Weil außerdem noch zahlreiche Besetzungsmitglieder mit echten Körperanomalien hinzustoßen, gerät die Charakterentwicklung oft sprunghaft. Es gibt schlichtweg zu viele Figuren miteinander zu verbinden. Die chaotische Masse an Charakteren scheint nicht zuletzt dem Zweck zu dienen, möglichst oft einen aufwühlenden Todesfall einstreuen zu können – als Horror-Ersatz. Die überambitionierte und dadurch teils plump konstruierte Staffel 4 schlägt Staffel 3 nicht, geschweige denn 2 und 1. 6/10

Staffel 5: Hotel

Worum geht’s?

Das 90 Jahre alte Hotel Cortez in Downtown Los Angeles wird von Modedesigner Will Drake aufgekauft. Im Zuge der neuen Klientel offenbaren sich die blutigen Geheimnisse des Gebäudes. Unterdessen untersucht Polizist Donovan eine Mordserie. Die Spur führt ebenfalls ins Cortez.

Wie ist die Serie?

AHS HotelMan möchte nicht gleich Schwarzmalerei betreiben, nur weil Jessica Lange ab Staffel 5, „Hotel“, nicht mehr dabei ist. Doch mit der fünften Auflage erreicht die Serie tatsächlich ihren Tiefpunkt. Es liegt nicht zwingend an Jessica Langes Fehlen, oder an Lady Gaga, die Lange quasi ersetzt. Gagas pompöse Kostüme spielen die Rolle ja fast allein. Nein, „Hotel“ lässt schlichtweg die Innovation vermissen und hat Schwierigkeiten, gute Identifikationsfiguren zu bieten. Statt Horror regiert fades Vampir-Erotik-Drama voller Modelgesichter, kombiniert mit dem Geisterkonzept aus Staffel 1 und einer Prise „Sieben“. Als schauspielerisches Highlight tut sich diesmal Denis O’Hare als transsexuelle ‚Liz Taylor‘ hervor. Auch andere Mitglieder der Stammbesetzung wie Evan Peters und Sarah Paulson sind wieder stark, wirken aber eher verkleidet als verwandelt.

Dass alle Staffeln der Serie miteinander zusammenhängen, war bislang eine Vermutung, die sich in „Hotel“ vollends bestätigt. Gleich mehrere eindeutige Verbindungen mit früheren Staffeln sind enthalten – so recht Sinn ergeben wollen diese allerdings (noch) nicht. „Hotel“ ist gewohnt prächtig inszeniert, aber konfus, vergleichsweise unkreativ und selten mitreißend. Eine Sackgasse für „American Horror Story“. 5/10

Staffel 6: Roanoke

Worum geht’s?

In der Doku-TV-Show „My Roanoke Nightmare“ erzählen Shelby und Matt, wie sie ein abgelegenes Waldhaus in Roanoke Island kauften und dort auf Geister trafen. Ihre Geschichte wird von einem Schauspielensemble nachgestellt. Die Fortsetzung der Erfolgssendung artet aus.

Wie ist die Serie?

AHS: RoanokeNach dem Tiefpunkt „Hotel“ waren drastische Schritte nötig, um die Serie am Leben zu erhalten. Und genau diese leitet „Roanoke“ ein. Staffel 6 überrascht mit einem kompletten Stilwechsel und gibt sich als Mockumentary mit Found-Footage-Ästhetik à la „Paranormal Activity“. Statt geschliffenen Bildern regiert roher Terror. Dieses Konzept ist mittlerweile ziemlich abgenutzt, in „Ronaoke“ allerdings meisterhaft ausgearbeitet. Nach einem soliden Einstieg schöpfen die Macher ihr Potenzial immer weiter aus und hinterlassen eine formvollendete Mediensatire – die „Scream“-Reihe lässt grüßen.

Mit „Roanoke“ entsteht eine ganz neue Nähe zum Publikum. Es gibt wieder natürliche Identifikationsfiguren, die man in der letzten Staffel vermisste, und in Kombination mit dreckigen Splatter -Effekten sowie gemeinen Cliffhangern gerät die Serie brutal, unheimlich und mitreißend wie lange nicht. Die kurzweilige Meta-Geschichte „Roanoke“ rettet „American Horror Story“ aus der Sackgasse und reicht qualitativ beinahe an „Murder House“ und „Asylum“ heran. Die pseudorealistische Handlung ist zwar nicht glaubhaft, aber unterhaltsam und clever durchdacht. Man darf gespannt sein, ob sich dieser Elan in Staffel 7, „Cult“, halten kann. 6.5/10

Staffel 7: Cult

Worum geht’s?

Als Donald Trump die Präsidentschaftswahl gewinnt, sind Ally Mayfair-Richards und ihre Ehefrau fassungslos und bangen um die Zukunft ihrer Familie. Unterdessen fühlt Kai Anderson sich inspiriert, selbst Politiker zu werden und baut schleichend einen mörderischen Kult um sich herum auf.

Wie ist die Serie?

American Horror Story: Cult PosterAuch mit der siebten Auflage gelingt es „AHS“, sich neu zu erfinden, denn „Cult“ überrascht mit klaren politischen Statements und bindet wie keine Staffel zuvor das reale Weltgeschehen ein. Unmittelbar nach Trumps Wahlsieg müssen die Macher reagiert und den maximalen Horror der Geschehnisse herausgearbeitet haben – eine reife, mutige Leistung von bestechender Aktualität. Als bislang einzige Staffel verzichtet „Cult“ auf übernatürliche Elemente, womit sie jedoch nicht minder erschreckend und brutal ist.

Hauptdarsteller Evan Peters, der bis dato immer dabei war, übertrifft sich hier selbst, denn der charismatische Kult-Führer ist seine bis dato größte und intensivste Rolle. Dicht gefolgt von Sarah Paulson, die einmal mehr als Kämpferin gegen Psychoterror und Verschwörungen brilliert. Handwerklich zeigt sich die Staffel verhältnismäßig schnörkellos, abgesehen von verwirrenden Zeitsprüngen, doch der Plot hat es in sich. „Cult“ spinnt eigentlich nur weiter, was bereits Realität ist und schöpft aus den düstersten Kapiteln jüngerer Geschichte. Zugegeben: Unter den zahlreichen Twists und atemlosen Charakterentwicklungen leidet die Glaubwürdigkeit stark, aber langweilig wird es dabei nicht. Ein greifbares Grauen über Macht, Manipulation und Feminismus, das für Zündstoff sorgt. Eine der besten Staffeln. 7/10

Staffel 8: Apocalypse

Worum geht’s?

Atombomben löschen den Großteil der Menschheit aus. Eine bunte Gruppe Privilegierter darf unter der strengen Aufsicht von Ms. Wilhemina Venable in einer geschützten Festung weiterleben. Eines Tages erscheint Besuch von übermenschlicher Gestalt.

Wie ist die Serie?

American Horror Story: ApocalypseNicht nur das Ende der Welt, sondern auch die völlige Drehbuch-Verzettelung sind in „Apocalypse“ angesagt. Ein kammerspielartiges Bunker-Setting nach der nuklearen Katastrophe wird nach den ersten Episoden völlig umgekrempelt, als hätten die Autoren die geringe Tragfähigkeit erst sehr spät erkannt. Plötzlich tut sich das ultimative Crossover mehrerer Staffeln auf – Fanservice, der Spaß macht, aber vor allem verwirrt. „Apocalypse“ setzt eine der älteren Staffeln fort, obwohl das unvorbereitete Publikum sich kaum noch an deren Details erinnern dürfte. Weitere Vorgängerstaffeln spielen ebenfalls eine Rolle, während die restlichen völlig ignoriert werden. Die Vorgehensweise wirkt willkürlich und inkonsequent.

Hier ist „American Horror Story“ keine Anthologie-Serie mehr, deren Staffeln für sich alleinstehend funktionieren. Die Fantheorien über staffelübergreifende Zusammenhänge wurden immer mehr befeuert, und jetzt haben wir den Salat: „Apocalypse“ ist ein erzählerisches Chaos, das mit nostalgischen Rückbezügen ein schwammiges Konzept zu vertuschen versucht. Die unvorhersehbaren narrativen Brüche und zusammengefügten Puzzleteile bergen durchaus Unterhaltungswert, jedoch trüben unverschämt viele offenbleibende Fragen den Gesamteindruck. Hinzu kommt der weinerlichste Hauptbösewicht seit Kylo Ren. „Apocalypse“ ist nicht das schwächste, doch das absurdeste Kapitel der Serie. 5.5/10

Staffel 9: 1984

Worum geht’s?

1984. Eine junge Clique meldet sich, um über den Sommer in Camp Redwood zu arbeiten. Das Camp für Kinder soll neueröffnet werden, nachdem dort 14 Jahre zuvor ein schreckliches Massaker passierte. Statt dass das Trauma von damals überwunden wird, gehen die Morde wieder los.

Wie ist die Serie?

Cover AHS 1984Zurückgespult. Staffel 9 steht wieder für sich allein, keine Crossover-Spielchen wie in „Apocalypse“ mehr. Das Ensemble setzt sich aus alten Bekannten und neuen Gesichtern zusammen, erstmals fehlt Evan Peters, doch es geht auch ohne ihn. Wie der Titel schon erahnen lässt, ist „1984“ eine Hommage an die 1980er und springt damit auf den Nostalgie-Zug auf, der seit den 2010er Jahren munter rollt („Drive“, „Kung Fury“, „Stranger Things“ etc.). Assoziationen mit George Orwells Kultroman „1984“ sind sicherlich auch Absicht, jedoch hat dieser nichts mit der Handlung zu tun.

Zu Beginn betet die Staffel die Klischees des Slasherfilms herunter, als Mischung aus „Freitag der 13.“, „Halloween“ und Konsorten, teils mit direkten Zitaten. Gerade als sich die Frage aufdrängt, ob das nun das ganze Konzept der Staffel sein soll, beginnen die Twists, durch die „AHS“ sich auszeichnet.

Nach und nach enthüllt „1984“ Hintergrundgeschichten der einzelnen Charaktere, die in ihrer Summe maßlos übertrieben sind, aber auch kurzweilige Unterhaltung liefern. Ab der zweiten Hälfte der Staffel ist alles möglich; augenscheinlich haben sich die Autoren selbst von Folge zu Folge gehangelt, aber das Ende führt alle wichtigen Stränge zusammen. Stets begleitet wird „1984“ von einem fürstlichen Soundtrack aus 80er Hits, die immer funktionieren – Stimmungserzeugung mit geringem Aufwand. Die neunte und bis dato kürzeste „American Horror Story“ ist ein verrückt-brutaler Retro-Spaß und landet qualitativ irgendwo im Mittelfeld der Serie. 6/10

Staffel 10: Double Feature

Worum geht’s?

Ein Drehbuchautor quartiert sich mit Frau und Kind im verschlafenen Provincetown ein, um zu schreiben, doch die Kleinstadt birgt schreckliche Geheimnisse. // Außerirdische landen auf der Erde, experimentieren mit Menschen und erpressen die US-Regierung.

Wie ist die Serie?

Poster AHS: Double FeatureStaffel 10 heißt „Double Feature‘, weil sie aus zwei separaten Geschichten besteht; die ersten sechs Folgen unter dem Titel „Red Tide“, anschließend noch vier Folgen „Death Valley“. Es ist genauso wie es klingt: Die Autoren haben zwei halbgare Ideen zu einem Sandwich zusammengeklatscht, statt eine davon ordentlich auszuarbeiten.

„Red Tide“ borgt arg viel von „Shining“ und „Ohne Limit“, dazu eine Prise „Rosemaries Baby“ und Zombie-Vampire. Souverän inszeniert, aber uninspiriert, im Vergleich zu anderen Staffeln zu oberflächlich, um emotional zu packen. Nachdem Folge 5 schon als mäßiges, offenes Ende getaugt hätte, folgt mit der 6 noch eine Verschlimmbesserung.

Der Part „Death Valley“ schießt dann den Vogel ab, indem er einfach ein paar der klischeehaftesten Verschwörungstheorien für wahr erklärt. Die US-Regierung stellt sich einer Alien-Invasion aus dem Popkultur-Bilderbuch, womit „American Horror Story“ zur Farce verkommt. Als wären die vier Folgen nicht schon kurz genug, sind sie nochmal in eine Vergangenheits- und eine Gegenwartshandlung unterteilt. Ein befriedigender Schluss gelingt da selbstredend nicht. Der neue Tiefpunkt der Serie. 5/10

Fazit

„American Horror Story“ ist neben „The Walking Dead“ eine große, international vermarktete Show, die nicht bloß Horrormotive für weichgespülte Jugendunterhaltung benutzt, sondern sich traut, tatsächlich Horror zu sein, womit sie zahlreiche Nachahmer inspirierte. Eine Wohltat für Fans von klassischem Gruselkino in modernem Gewand und deftigen Gewaltspitzen.

Gleichzeitig gelingt es den Schöpfern Ryan Murphy und Brad Falchuck („Glee“), mit einer angenehmen Selbstverständlichkeit immer wieder queere Charaktere einzustreuen – ein progressives Alleinstellungsmerkmal im Genre. Und wenn der Gruselfaktor im fortgeschrittenen Serienverlauf schwindet, bleiben immerhin noch die innovative Inszenierung sowie grandios zusammengestellte Schauspielensembles zu bewundern.

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2 Kommentare

  1. Hach, ich bin Fan seit der ersten Staffel, die wirklich ziemlich gelungen war. Am schwächsten fand ich tatsächlich auch die “Hotel” Staffel, weil deren Narration doch ziemlich konfus ist (selbst für AHS Verhältnisse). “Roanoke” ist dann wieder besser gewesen und die inszenierten Gewaltspitzen sind ein Fest. Ich bin gespannt auf “Cult”, die ja nunmehr tatsächlich im Hier und Jetzt spielt.

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