Venus im Pelz

Filmposter Venus im Pelz

8/10

Originaltitel: La Vénus à la fourrure
FR, PL | 2013 | 96 Min. | FSK: ab 16
Komödie, Theateradaption
Regie: Roman Polanski
Drehbuch: Roman Polanski
Besetzung: Emmanuelle Seigner, Mathieu Almaric
Kinostart: 21.11.13
DVD/Blu-Ray VÖ: 28.03.14

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Bilder © 2013 PROKINO Filmverleih GmbH

Worum geht’s?

Bühnenautor und -regisseur Thomas trifft in einem verlassenen Theater auf Vanda. Sie kommt viel zu spät zu einem Vorsprechen für Thomas‘ Adaption von Leopold von Sacher-Masochs Novelle „Venus im Pelz“, die den Begriff des Masochismus prägte. Thomas hat schon den Glauben daran verloren, eine taugliche Schauspielerin für die dominante weibliche Hauptrolle zu finden, doch als Vanda mit Thomas als provisorischem Spielpartner loslegt, ist er hin und weg. Im Dialog der beiden verschwimmen die Grenzen zwischen Literaturvorlage und Realität mehr und mehr.

Wie ist der Film?

Bereits oberflächlich betrachtet ist Roman Polanskis „Venus im Pelz“ ein guter Film – technisch elegant, unterhaltsam geschrieben und hervorragend gespielt. Die chronologisch und mit nur einer Kamera gedrehte Komödie ist ein spritziges Geschlechterduell, das eine sehr limitierte Prämisse kurzweilig aufzubereiten weiß. Und dann ist da noch so viel mehr. „Venus im Pelz“ strotzt vor Doppelbödigkeit, Metaebenen und Symbolen, wobei diese tieferliegenden Aspekte sich keineswegs aufdrängen, aber beim Entdecken viel Freude bereiten und die wahre Größe des Films offenbaren.

Szenenbild Venus im PelzEs fängt schon damit an, dass es sich hier um eine Adaption einer Adaption über eine Adaption handelt, denn Polanskis Grundlage ist ein gefeiertes Broadway-Stück, welches wiederum Leopold von Sacher Masochs Novelle „Venus im Pelz“ zum Thema hat. Die Übersetzung des Theaterstücks für die Kinoleinwand wird zum Spiegel. Sieht man sich den Film im Kino an, erinnert die gezeigte Theaterkulisse daran, wo man selbst gerade sitzt. Polanski spiegelt vor allem auch sich selbst. Er untersucht das Verhältnis zwischen Regisseur und SchauspielerIn, was er beides selbst ist, und besetzt die männliche Hauptrolle mit einem Darsteller, der wie seine jüngere Version aussieht, während es sich bei der anderen Rolle um seine Ehefrau im wahren Leben handelt. Als Vanda das Thema Kindesmissbrauch anspricht, sind die bekannten Vorwürfen gegen Polanski nur zu präsent.

Der Regisseur verschmilzt mit seinen Charakteren, die ihrerseits mit der titelgebenden Geschichte aus dem späten 19. Jahrhundert verschmelzen. Neben der Handlung selbst ist das Spannende, wie viel Polanski von seiner Persönlichkeit mit einbrachte, ob bewusst oder unbewusst. Auch die mehr oder weniger zufälligen Anklänge an seine vorigen Werke, sei es der Kammerspielcharakter, wie schon zuletzt in „Der Gott des Gemetzels“ oder seinem Debüt „Das Messer im Wasser“, den er mit nur zwei Figuren jetzt nochmal getoppt hat, oder die Parallele zum Finale von „Der Mieter“ etc.

Persönliche Filme erweisen sich meistens als die besseren, wenn sie für ein Publikum auch zugänglich sind. Und die Zugänglichkeit ist „Venus im Pelz“ auf Grund der Thematik sicher – schließlich geht es um den allgegenwärtigen und ewigen Kampf zwischen Mann und Frau, um Fantasien und um Machtspiele. Als wäre die magische Verbindung zwischen Polanski und seiner Version von „Venus im Pelz“ nicht schon hintergründig genug, tragen sich vor der Kamera auch noch Wortgefechte zu, die einen immensen Interpretationsspielraum rund um die Genderdebatte zulassen. Toll, wenn ein Film auf sämtlichen Ebenen zum Reflektieren einlädt. Und wer nicht will, kann trotzdem Spaß haben.

Weil die beiden Charaktere sofort etwas Sympathisches mitbringen, fällt es leicht, sich mit ihnen für anderthalb Stunden einzuschließen. Emmanuelle Seigner („In ihrem Haus“) und Mathieu Almaric („James Bond 007: Ein Quantum Trost“), die bereits in dem großartigen „Schmetterling und Taucherglocke“ zusammenarbeiteten, sorgen bei ihrem erotischen Duell immer wieder für ein leichtes Knistern in der Luft. Polanskis Stammkameramann Pawel Edelman löst die eintönige Kulisse in ein lebendiges Spiel auf, und Komponist Alexandre Desplat („Argo“) setzt in der wechselhaften Stimmung der Geschichte die entscheidenden Akzente. Details wie die Vertonung von eigentlich nur pantomimischen Gesten der Figuren geben „Venus im Pelz“ zusätzlichen Pfiff.

Immer wieder brechen Vanda und Thomas ihr Theaterspiel ab, fallen aus den Rollen, und trotzdem bleibt das Publikum gebannt, eben weil der Bann des Films sich auf höheren beziehungsweise verborgenen Ebenen begründet. Ein vergnüglicher wie auch (intuitiv) intellektueller Film, der die große Kraft der bloßen Andeutung verinnerlicht. Gehört zum Raffiniertesten, was Polanski je gemacht hat, und das mit stolzen 80 Jahren.

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