Originaltitel: Babel
USA | 2006 | 144 Min. | FSK: ab 16
Episodenfilm, Drama
Regie: Alejandro González Iñárritu
Drehbuch: Guillermo Arriaga
Besetzung: Brad Pitt, Cate Blanchett, Gael García Bernal, Adriana Barraza, Rinko Kikuchi, Kōji Yakusho, Elle Fanning u.a.
Kinostart: 21.12.06
DVD/Blu-Ray VÖ: 11.07.07/14.08.09
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Worum geht’s?
Marokko. Eine Gewehrkugel, deren Reichweite unterschätzt wird, trifft eine Amerikanerin in einem Touristenbus lebensgefährlich. Sie und ihr Mann werden in ein nahegelegenes Dorf gebracht, wo sie zunächst festsitzen und auf ärztliche Hilfe warten. Weil das Ehepaar nicht nach Hause kommt, nimmt das mexikanische Kindermädchen deren Kinder mit über die Grenze zur Hochzeit ihres Sohnes. Unterdessen irrt die taubstumme, halbverwaiste Chieko durch Tokio und sucht nach Liebe.
Wie ist der Film?
Nach „Amores Perros“ und „21 Gramm“ vollendet Alejandro González Iñárritu seine Trilogie über verschiedene Schicksale, die durch einen bestimmten Vorfall miteinander verknüpft sind, indem er nochmal einen draufsetzt und sein Konzept auf internationale Ebene ausweitet. „Babel“ ist ein multilinguales Mammutprojekt, das es so wohl noch nicht gegeben hat und dem Regisseur sein ganzes Können abverlangte. Das Ergebnis hält den Erwartungen stand und ist (auf eine leise Art) wahrlich beeindruckend. Lediglich die eindringliche Intimität der im kleineren Rahmen spielenden Vorgängerwerke Iñárritus bleibt – im Grunde zwangsläufig – ein wenig auf der Strecke.
Es ist grandios, wie unaufgeregt und leicht „Babel“ in der ganzen Welt, zwischen ganz verschiedenen Kulturen hin- und herspringt. Die brillante Montage erzählt die vier Episoden verschachtelt, aber auch nicht unnötig komplex. Natürlich suchen sich die meisten Leute ihre Lieblingsepisode heraus, doch macht der Film spürbar, das auf jeder von ihnen das gleiche Interesse liegt. Ein glänzendes Timing erhält die ruhige Grundstimmung konstant aufrecht, lässt aber auch zu keiner Zeit Langeweile aufkommen.
Leider ist „Babel“ ein großer Oscar-Verlierer. In ständiger Rivalität mit Martin Scorseses „Departed – Unter Feinden“ sprang bei sieben Nominierungen lediglich eine mitleidige Auszeichnung für die minimalistische Musik heraus. Hierfür wählte Iñárritus Stammkomponist Gustavo Santaolalla („Brokeback Mountain“) als Leitinstrument weise die Oud – eine arabische Laute und Vorläufer der spanischen Gitarre, aber auch an das japanische Koto erinnernd. So kommen die verschiedenen Atmosphären im Film akustisch auf einen gemeinsamen Nenner.
Iñárritus zu Recht in Cannes prämierter Regieleistung sei Dank bildet „Babel“ aus unterschiedlichsten Teilen ein stimmiges Gesamtbild, in welchem auch Stars auf Laien treffen, ohne dass dabei Reibungspunkte entstehen. Neben einer gewohnt guten Cate Blanchett („Coffee and Cigarettes“) gelingt es Brad Pitt mit tiefen Falten und graumeliertem Haar wie nur ganz selten, sich vollständig von einem Schönling-Image zu lösen und bodenständig einen verzweifelten Ehemann und Vater zu portraitieren. Lediglich der Eindruck, dass sich der Japan-Handlungsstrang nicht ganz so gut eingliedert, weil die Verbindung zum Rest doch arg lose ist, bleibt als kleines Manko der Komposition zurück.
„Babel“ ist eine virtuose Parabel auf die entsprechende Bibel-Geschichte. Die im Mittelpunkt stehenden Kommunikationsprobleme der Figuren sind auf so vielfältige Weise eingearbeitet, dass sich nie ein moralischer Zeigefinger aufdrängt und man sich viele eigene Gedanken machen kann. Meist bleibt es bei Andeutungen; auch wird das Publikum am Ende etwas ratlos zurückgelassen. Dafür aber entgeht „Babel“ sowohl dem großen Happy End als auch der großen Tragödie mit Tränendrüsendruck, und endet mit einem natürlichen Hoffnungsschimmer. So behält der Film bei seinen pompösen Anforderungen immer die Menschlichkeit im Auge.
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