Film ist Illusion. Ein sich bewegendes Bild gibt es nicht. Ein Film besteht nämlich aus einer Reihe aufgenommener Einzelbilder. Vor der Erfindung des Kinos lag zunächst die Erkenntnis, dass unser Gehirn eine Bildfolge ab einer gewissen Projektionsgeschwindigkeit zu einer Bewegung zusammensetzt. Das 1834 erfundene Zoetrop nutzte diese Illusion in Form eines Kinderspielzeugs und wurde später zum Praxinoskop weiterentwickelt. Aus der Camera Obscura – auch bekannt als Lochbildkamera – entstand die Möglichkeit, ein ‚eingefangenes‘ Bild dauerhaft festzuhalten, sprich zu fotografieren. Verschiedene Pioniere arbeiteten zwischen 1888 und 1895 an dem System, rasche Bildfolgen auf eine Zelluloidrolle aufzunehmen. William Kennedy Laurie Dickson entwickelte 1891 das Kinetoskop – einen Guckkasten für eine Person, der Zelluloidrollen abspielte.
1895 stellten die Brüder Lumière ihren Kinematographen vor. Dieser projizierte Bewegtbilder auf 35-mm-Film an die Wand – die Geburtsstunde des Kinos, wie wir es heute kennen. Allerdings zeigten die Lumières nur statische Momentaufnahmen aus dem alltäglichen Leben. Zauberkünstler George Méliès hingegen nutzte die Erfindung, um fantastische Welten zu erschaffen und legte 1902 mit „Eine Reise zum Mond“ den ersten fiktionalen, narrativen Film mit mehreren Einstellungen vor. Er erfand übrigens auch den Stopptrick (Stop-Motion). Edwin S. Porters „Der große Eisenbahnraub“ (1903, 12 Minuten lang) – der erste Western – gilt als Pionierleistung für den Einsatz von Kamerabewegung, Originalschauplätzen und szenischer Schnitte. So entwickelte sich eine Jahrmarktsattraktion zum ernstzunehmenden Medium für das Erzählen von Geschichten.
Die heute gängige Filmsprache, die sich u.a. aus verschiedenen Einstellungsgrößen und Schnitttechniken zusammensetzt, festigte D.W. Griffith ab 1908 in seinen über 500 Werken. Einen entscheidenden Impuls für die Filmgeschichte fügte Sergej Eisenstein („Panzerkreuzer Potemkin“) hinzu. Er revolutionierte die Montage (das Erzählen durch Schnitte), indem er Erzählzeit dehnte und mit metaphorischen Bedeutungen von Bildfolgen arbeitete. Was Filmen jetzt noch fehlte, war der Ton. Gleichzeitiges Abspielen von Bildern und Tonaufnahmen funktionierte mehr schlecht als recht. Abhilfe schuf um 1920 das noch heute genutzte Lichttonverfahren, bei dem die Toninformation auf demselben Medium wie das Bild (sprich am Rand des Filmstreifens) liegt und während der Projektion wieder in Schall umgewandelt wird.
Nach einer längeren Übergangszeit wurde der Stummfilm in den späten 30er Jahren vollends durch die sogenannten ‚Talkies‘ abgelöst. Zur gleichen Zeit erschienen bereits die ersten erfolgreichen Farbfilme, obwohl Schwarzweiß noch bis in die 50er hinein gängig war. Schon Méliès erzeugte bunte Bilder, indem er Filmstreifen von Hand bemalen ließ; doch erst die Firma Technicolor entwickelte Systeme für authentische Farbwiedergabe mittels Farbfiltern in der Kamera. Mit farbigen Tonfilmen etablierte sich auch das Kino in seiner jetzigen Form. Über die Jahrzehnte erschienen verschiedene Bild- und Tonformate auf dem Markt (um teilweise bald wieder zu verschwinden), Multiplexe erlaubten eine neue Form der Massenabfertigung, doch wirklich bahnbrechende Veränderungen scheint das Kino erst wieder seit dem 21. Jahrhundert zu erleben.
Um 2009 boomte das Stereoskopie-Verfahren – bekannt als ‚3D‘ – durch Filme wie „Avatar – Aufbruch nach Pandora“. Etwa zeitgleich nahm die flächendeckende Umstellung von analoger auf digitale Projektion ihren Lauf. Der Beruf des Filmvorführers ist so gut wie ausgestorben, da Filme nun automatisch von Festplatten abgespielt werden. Tickets lassen sich jetzt bequem per App buchen und bezahlen. Kinopersonal muss eigentlich nur noch Snacks und Softdrinks verkaufen. Die neuesten Trends heißen High Frame Rate und Dolby Atmos. Inwieweit sich diese durchsetzen werden, muss sich noch zeigen. Nostalgie kämpft mit technischen Qualitätsansprüchen. Was die Lumières als kurzlebige Modeerscheinung einschätzten, entwickelt sich immer noch weiter, sorgt weiter für rege Diskussionen und bleibt allemal spannend.
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