Originaltitel: This Must Be the Place
IT, FR, IR | 2011 | 118 Min. | FSK: ab 12
Drama
Regie: Paolo Sorrentino
Drehbuch: Umberto Contarello, Paolo Sorrentino
Besetzung: Sean Penn, Frances McDormand u.a.
Kinostart: 10.11.11
DVD/Blu-Ray VÖ: 05.04.12
Links zum Film:
IMDb | Wikipedia | film zeit
Bilder © Delphi Filmverleih
Worum geht’s?
Seine großen Erfolge sind seit Jahrzehnten vorbei, doch das Makeup und die schwarze Kluft trägt der Ex-Rocksänger Cheyenne immer noch wie damals, während er sich im Ruhestand mit seiner Frau in seiner Villa langweilt. Als er erfährt, dass sein sterbender Vater, mit dem er seit 30 Jahren nicht gesprochen hat, sein Leben dafür opferte, seinen Peiniger von Ausschwitz zu finden, setzt Cheyenne dessen Suche auf einer Reise quer durch die USA fort.
Wie ist der Film?
Diese italienisch-französisch-irische Koproduktion ist zweifelsohne einer der auffälligsten Filme 2011, abgesehen davon, dass ihn verhältnismäßig wenige Menschen gesehen haben, da er auf kleine Alternativkinos abgestimmt wurde. Der Star Sean Penn („Milk“) sorgte glücklicherweise dafür, dass „Cheyenne – This Must Be the Place“ nicht gänzlich am Mainstream vorbeigeht.
Der Klang des friedlich über den Boden scharrenden Rollkoffers der Hauptfigur, umspielt von permanenten Kamerafahrten, hat etwas beruhigendes, hypnotisches, was sich manchmal fließend ins Unbehagliche steigert. Dann ist „Cheyenne – This Mus Be the Place“ aber auch wieder urkomisch, in erster Linie durch ein paar geniale Dialogzeilen. Seine extrem skurrile, rätselhafte, melancholische Grundstimmung macht diesen Film einzigartig.
Man fragt sich, ob man irgendetwas – vielleicht eine ausgeklügelte Metapher – nicht begriffen hat, doch eigentlich ist es ganz einfach: Regisseur Paolo Sorrentino („Il Divo“) wagt in diesem, seinem ersten englischsprachigen Film das Experiment, zwei Gedankenspiele zu vermischen, die auf den ersten Blick so gar nichts miteinander zu tun haben: das Portrait eines gealterten Gothic-Rockstars und die Reflexion über Fragmente der Nazizeit. Es ist aber kein Jux, sondern ein ehrliches und aufrichtiges Experiment. Damit beweist Sorrentino eine Überzeugung in der Wahl seiner Geschichte, die man sich in Hollywood gar nicht leisten kann. Und das macht „Cheyenne – This Must Be the Place“ so authentisch, obwohl das Ganze eigentlich ziemlich abwegig ist.
Zwar ist die sichtlich an Robert Smith von The Cure angelehnte Hauptfigur völlig überzeichnet – wie die anderen Figuren auch – aber Sean Penn spielt sie trotzdem großartig und erinnert nach seinem Delirium in „The Tree of Life“ auch mal wieder daran, dass er zu den Besten der Besten gehört. Hervorzuheben bleibt noch die wunderbare Frances McDormand („DieWonderboys“, „Burn After Reading“) als charmant-witzige Ehegattin und Gegenpol des Protagonisten. Passenderweise tritt David Byrne, damals Frontmann der New-Wave/Post-Punk-Band Talking Heads, als er selbst auf und steuerte obendrein einen experimentellen Soundtrack mit einigen schön-verträumten Songs bei.
„Cheyenne – This Must Be the Place“ erzählt mit faszinierend alternativer Ästhetik ein dezent nostalgisches Roadmovie mit vielen unvorhersehbaren, zugegebenermaßen etwas konstruiert wirkenden Begegnungen, getarnt als Quasi-Musikfilm, und andersherum. Sorrentino wirft dabei einen erfrischenden Blick von außen auf Amerika, einen mit erhobener Augenbraue. Gleichzeitig ist es auch eine Reise ins Innere der Hauptfigur, die gute alte Selbstfindung, welche am Ende vielleicht doch etwas zu glatt geraten ist, aber Schwamm drüber. Weniger Tiefsinnig als vielleicht gedacht, ist „Cheyenne – This Must Be the Place“ allemal eine faszinierende kleine Perle.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar