Originaltitel: Snowpiercer
USA, KR, FR | 2013 | 126 Min. | FSK: ab 16
Science-Fiction, Action, Drama
Regie: Bong Joon-ho
Drehbuch: Bong Joon-ho
Besetzung: Chris Evans, Song Kang-ho, Go Ah-sung, Jamie Bell, John Hurt, Tilda Swinton, Octavia Spencer, Ed Harris u.a.
Kinostart: 03.04.14
DVD/Blu-Ray VÖ: 23.09.14
Links zum Film:
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Worum geht’s?
2031. Ein fehlgeschlagenes Experiment zum Stopp der globalen Erwärmung ließ eine Eiszeit über den Planeten hereinbrechen und zerstörte das Leben. Die letzten Menschen sind im Snowpiercer gefangen, ein massiver Zug, der vor der tödlichen Kälte schützt und die Welt umkreist. Die im Elend lebenden Menschen des hinteren Abteils starten eine Revolte gegen ihre wohlhabenden Unterdrücker. Während sie sich Wagon um Wagon nach vorne arbeiten, entdecken sie schreckliche Geheimnisse.
Wie ist der Film?
Dass die Suche nach Logikfehlern gerade bei Science-Fiction-Filmen den Spaß verdirbt, sollte klar sein. Im Falle von „Snowpiercer“, der ersten englischsprachigen Produktion des Südkoreaners Bong Joon-ho („The Host“, „Mother“), ist die Situation allerdings kniffliger, denn der konkrete Plot ergibt von vorne bis hinten keinen Sinn. Ärgerlich.
Einer Hinterfragung würde die Konzeption des Zuges und seiner Wagons niemals standhalten. Die liebevoll gestalteten Bilder taugen nur für den Moment und sind in keinem dramaturgischen Gerüst verhaftet. Soll heißen: ein Wagen ist abgefahrener als der andere, aber als Lebensraum der letzten Menschen ist das alles Quatsch. Natürlich geht es hier viel mehr um Metaphern als um ernsthafte Überlebensstudien, doch als reines Symbol taugt „Snowpiercer“ auch nicht, denn der Regisseur wirft sogar noch rücksichtsloser Genres durcheinander als in seinen bisherigen Werken. Schön, dass er mit gewohnten Strukturen bricht, nur eben zum Preis eines schlüssigen Gesamtbildes.
Wäre die Zukunftsvision durchgehend so überhöht wie bei einem Terry Gilliam („Brazil“), ergäbe sich eine klare Linie, doch „Snowpiercer“ verfolgt gleichzeitig auch einen quasi-realistischen Postapokalypse-Ansatz à la „The Road“. Beides zusammen ist gaga. Deshalb wirkt die verkleidete Tilda Swinton („We Nee to Talk About Kevin“) als groteske Ministerin in ihrer Umgebung wie ein Fremdkörper aus einem völlig anderen Film, obwohl sie schlicht genial spielt. Derweil glänzen Chris Evans („The Return of the First Avenger“), Song Kang-ho („Durst“), Jamie Bell („Nymphomaniac“), John Hurt („Melancholia“) und Octavia Spencer („The Help“) als schmutzige Antihelden. „Snowpiercer“ will intellektuell sein, überzeugt aber in erster Linie durch seine Optik und Besetzung.
Der immer wieder die Erde umrundende Zug steht selbstredend für das Leben selbst, seine strikt in arm und reich aufgeteilten Wagen für die Kritik an der Klassengesellschaft und übermächtigen Konzernbossen. Je weiter die grobschlächtig gezeichneten Hauptfiguren ins Herz des Zuges vordringen, desto abstruser wird diese Parabel. Dazwischen gibt es teilweise spannend inszenierte Action, bis hin zu einem niedlichen ‚Mal sehen‘-Ende. Was als Graphic Novel – darin besteht die Vorlage – funktionieren mag, ist als Film doch sehr gewöhnungsbedürftig. „Snowpiercer“ ist stark besetzt, beeindruckend ausgestattet und völlig bekloppt.
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Einer der seltenen Fälle, wo wir d’accord gehen. Bin aufgrund der Überraschung noch sprachlos, kann aber weitestgehend nur zustimmen (auch wenn ich die Besetzung – Swinton ausgenommen – nicht allzu stark fand).
Das ist doch auch was Tolles, wenn man sich (gefühlt) gegen die hiesigen Communities verschwört, dafür aber mal mit einem Leser zusammenkommt, der sonst immer anderer Meinung ist. 🙂
Dein Rezension hat mich schon ein wenig enttäuscht. Sicher ist Snowpiercer Bong Joon-hos schwächster Film und die Figuren hätte man gewiss besser zeichnen können.
ABER: Man kommt eben nicht sehr weit, wenn man seine beschränkte “westliche” Sicht auf Filme hier anlegt, genau wie bei vielen anderen südkoreanischen Filmen. Hier heißt es über den Tellerrand zu schauen! In einem Film mehr als nur “Logikfehler” zu sehen.
DENN: Genau darum geht es in dem Film (und deswegen mögen ihn sehr viele nicht). BEISPIEL: Logisch wäre es vielleicht gewesen, die Herrschaft über den Zug zu übernehmen und eine bessere Welt im alten System aufzubauen, tatsächlich muss man den Zug aber verlassen (oder das System, oder Denkmuster etc.) um etwas wirklich zu verändern.
Und übrigens will kein Film irgendetwas “sein”. Die intellektuelle Leistung liegt beim Zuschauer!
Sorry musste ein wenig böse werden. Es ist mir nur sehr wichtig, das, Filmrezensionen von Filmen, die man nicht nachvollziehen kann, analytischer sind.
Die Art von Offenheit, die aus westlicher Sicht für fernöstliche Filme oft gefragt ist, entzieht sich manchmal meinen Geschmack, das ist wohl wahr. Willst du sagen, dass ich den Film nicht nachvollziehen kann, oder dass er allgemein nicht nachvollziehbar angelegt ist? Wenn ich ihn nicht nachvollziehen kann, was soll ich denn dann noch mehr analysieren?
Noch wichtiger als Logik ist natürlich ein in sich stimmiges Gesamtbild, und das habe ich hier nicht gesehen.
Natürlich hat jeder Film von seinen Schöpfern aus ein konkretes Anliegen, was für mich heißt, dass er etwas sein will, und dieses Anliegen wollte sich mir nicht richtig erschließen, da sich verschiedene Stile unbegründet beißen. Andere stören sich daran nicht; für mich ist das Zusammenrühren solch grundverschiedener Ansätze (schmutzig realistisch / karikiert überhöht, grimmig und ruhig / schräg und stylish) ein riesiger Kritikpunkt, der mich völlig rauswirft. Eine Entgleisung, haha.