Originaltitel: Die andere Heimat
DE, FR | 2013 | 230 Min. | FSK: ab 6
Drama
Regie: Edgar Reitz
Drehbuch: Edgar Reitz, Gert Heidenreich
Besetzung: Jan Dieter Schneider, Antonia Bill, Maximilian Scheidt, Marita Breuer, Rüdiger Kriese u.a.
Kinostart: 03.10.13
DVD/Blu-Ray VÖ: 10.07.14
Links zum Film:
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Bilder © Concorde Home Entertainment
Worum geht’s?
Mitte des 19. Jahrhunderts im Hunsrück. In seinem Dorf ist Bauernjunge Jakob der einzige Bewohner, der lesen kann. Statt einem Handwerk nachzugehen, wie etwa sein großer Bruder Gustav, flüchtet er sich in Bücher, lernt fremde Sprachen und träumt von Brasilien, wohin immer mehr Deutsche auswandern, um ein besseres Leben zu finden.
Wie ist der Film?
Mit seinem rund 60-stündigen Spielfilmzyklus namens „Heimat“, bestehend aus einer Trilogie, dokumentarischem Prolog und bis dato nicht verwendetem Material als Epilog, machte sich Autorenfilmer Edgar Reitz zwischen 1980 und 2006 einen Namen. „Die andere Heimat – Chroniken einer Sehnsucht“ lehnt sich an dieses beispiellose Mammutprojekt an, kehrt in das fiktive Hunsrück-Dorf Schabbach zurück und konzentriert sich auf einen früheren, kürzeren Zeitraum. Reitz vertreibt den Kitsch und die verklärende Romantik, die dem Heimatfilmbegriff anhaften, um ein nüchternes, authentisches, aber doch auch mystisches Portrait einer vergangenen Ära zu zeichnen. In seiner liebevollen Beobachtung ist der Film auf der einen Seite ein seltenes Kinomeisterwerk, für unbedarfte Unterhaltungssuchende aber auch maßlose Ödnis. Die Betreffenden sind gewarnt.
Ein konkreter Plot will sich nie wirklich einstellen; vielmehr vermittelt „Die andere Heimat“ Alltagseindrücke, Gefühle, einen langsamen Wandel der Zeit. Hierfür findet Kamerachef Gernot Roll, der von „Nirgendwo in Afrika“ bis „Die Superbullen“ alles gemacht hat, fantastische Bilder. Gelegentliche Farbakzente inmitten der Grautöne à la „Sin City“ sind ein mäßig gerechtfertigtes Accessoire; die Bildkompositionen und –bewegungen zeugen jedoch von meisterhafter Präzision. Ohne die faszinierende Schönheit der Bilder hätte die ereignisarme Handlung kaum eine Wirkung. Um die zentralen, nicht sichtbaren Themen des Films zu transportieren, blieben sonst nur noch die rätselhafte Musik und die durch die Bank überzeugende Schauspielerei (bemerkenswert: Hauptdarsteller Jan Dieter Schneider in seiner ersten (!) Filmrolle).
Auch wenn der selbst aus Rheinland-Pfalz stammende Regisseur seinem Publikum praktisch keine Spannungsspitzen gönnt, wahrt er immerhin einen in sich stimmigen Erzählrhythmus und rechtfertigt den praktisch nicht enden wollende Streifzug durch den Hunsrück irgendwie wie von selbst. „Die andere Heimat – Chroniken einer Sehnsucht“ lädt zur Auseinandersetzung mit dem Unterschied zwischen Damals (Deutschland als Auswanderungsland) und Heute (Deutschland als Einwanderungsland) ein. Das Epos hilft dabei, den Emigrationswunsch besser zu verstehen sowie den menschlich-technischen Fortschritt bis zur Gegenwart zu hinterfragen. Die wahnsinnige Laufzeit von fast vier Stunden ist sehr sperrig, aber geduldige Cinephile werden die Magie der vielen kleinen, hervorragend inszenierten Momentaufnahmen zu schätzen wissen.
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