Originaltitel: Men, Women and Children
USA | 2014 | ca. 119 Min. | FSK: ab 12
Drama, Komödie
Regie: Jason Reitman
Drehbuch: Jason Reitman, Erin Cressida Wilson
Besetzung: Rosemarie DeWitt, Jennifer Garner, Judy Greer u.a.
Kinostart: 11.12.14
DVD/Blu-Ray VÖ: 30.04.15
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Worum geht’s?
Don und Helen wollen ihrem Alltag durch heimliche Seitensprünge entfliehen. Deren Sohn Chris begnügt sich mit Pornos. Allison verfällt frustriert dem Magerwahn, während ihre Mitschülerin Hannah sich präsentiert, um berühmt zu werden. Außenseiter Tim freundet sich mit Brandy an, die unter einer kontrollsüchtigen Übermutter leidet. Tims Vater und Allisons Mutter kommen sich auch näher. Das Internet ist für sie alle Segen und Fluch auf der Suche nach Glück.
Wie ist der Film?
Dass digitale Nähe in analoge Einsamkeit mündet, ist eine Erkenntnis, die in Zeiten von Smartphones und Facebook immer dringender wird. „#Zeitgeist“ bringt es auf den Punkt. Nachdem Regisseur Jason Reitman mit „Juno“ und „Up in the Air“ zwei Meisterstücke des zwischenmenschlichen Beziehungskinos ablieferte, fehlte den Nachfolgern „Young Adult“ und „Labor Day“ eine Schlagkraft, welche durch die Aktualität von „#Zeitgeist“ zurückkehrt. Der in den USA harmlos als „Men, Women and Children“ betitelte Film stellt ein wahrlich treffendes Zeitgeist-Portrait dar, das Stereotypen nur deshalb bemüht, weil es kaum anders geht.
Ja, „#Zeitgeist“ versammelt gleich mehrere Klischee-Typen, zumindest wirken sie im Kollektiv klischeehaft. Doch hinter der melodramatisch erzählten Geschichte verbirgt sich nichts anderes als Gesellschaftssatire, und Satire braucht Klischees. Ausgerechnet in zum Teil überspitzten, eher eindimensionalen Charakteren findet „#Zeitgeist“ die Wahrheit. Was diese Prototypen schließlich zusammenhält und zugänglich macht, sind ihre dann doch ganz zeitlosen Konflikte.
Obwohl der Ensemblefilm aus mehreren Episoden besteht, erzählt er eine große Geschichte. Die verschiedenen Segmente sind sehr elegant und natürlich miteinander verknüpft, sodass qualitative Unterschiede nicht ins Gewicht fallen, weil alles zusammenhängt. Überall finden sich Stars und Jungtalente, ob in großen oder kleinen Rollen – eine Besetzung, die Spaß macht. Am ehesten sticht Adam Sandler („Punch-Drunk Love“) heraus, aber auch nur, weil er endlich mal wieder beweist, wie gut er doch in ernsthafteren Rollen aufgehoben ist.
Langsame Bewegungen, einlullender Soundtrack – leicht lässt sich „#Zeitgeist“ als lahm erzählt fehldeuten. Doch diese permanente Lethargie spiegelt das Resignieren vor der uns bestimmenden Technologie wieder, trifft also genau den tragikomischen Kern des Themas. Wem zudem die weibliche Erzählstimme zu distanziert oder gar deplatziert vorkommt, der sollte bedenken, wie sehr sie ‚Siri‘ oder ähnlichen digitalen Assistenzdiensten ähnelt – bestimmt kein Zufall. Zu erwähnen bleiben die zahlreichen Texteinblendungen, die zeigen, was die Charaktere mit ihren Smartphones und Computern so alles kommunizieren: durch die charmante, abwechslungsreiche Umsetzung stört das ständige Lesen nicht.
„#Zeitgeist“ bleibt recht neutral, dadurch auch ohne klare Aussage, hat im Grunde nichts wirklich Neues zu erzählen, ist dafür aber eine glänzende Beobachtung unserer Gesellschaft rund um die Digital Natives. Ein stark besetztes Drama mit angenehmer Prise Humor und brennender Aktualität.
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