Originaltitel: Django Unchained
USA | 2012 | 165 Min. | FSK: ab 16
Western, Drama, Action
Regie: Quentin Tarantino
Drehbuch: Quentin Tarantino
Besetzung: Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo DiCaprio, Kerry Washington, Samuel L. Jackson, Don Johnson u.a.
Kinostart: 17.01.12
DVD/Blu-Ray VÖ: 23.05.13
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Bilder © Sony Pictures
Worum geht’s?
Texas, 1858, kurz vor dem Sezessionskrieg. Der deutsche Kopfgeldjäger Dr. King Schultz, der sich als Zahnarzt tarnt, befreit den Sklaven Django, da dieser ihm wichtige Informationen zu seinen nächsten Opfern geben kann. Die beiden erweisen sich als starkes Team. So hilft Schultz Django, dessen Frau zu finden. Die Spur führt in den Süden zu der riesigen Plantage Candieland. Den sadistischen Besitzer Calvin Candie gilt es, zu überlisten.
Wie ist der Film?
Eigentlich war bereits „Inglourious Basterds“ ein verkorkster Italo-Western, wie sich bei genauerem Hinsehen und -hören feststellen lässt. Jetzt hat Quentin Tarantino, inzwischen fast mehr Marke als Regisseur, sich den langjährigen Wunsch erfüllt und tatsächlich einen Italo-Western gedreht, nur eben als Amerikaner, und eher im Süden angesiedelt. Die Form ergibt sich durch klare Vorbilder wie Sergio Corbucci („Django“, „Navajo Joe“) und Sergio Leone („Zwei glorreiche Halunken“, „Spiel mir das Lied vom Tod“). Im inhaltlichen Kern hingegen widmet sich Tarantino einem genreunüblichen Thema, dem er einen beachtlich passenden Westernmantel umlegt. So geht „Django Unchained“ über eine bloße Genrehommage hinaus, was sich als so originell wie heikel erweist.
Vergleichsweise mutig stellt sich „Django Unchained“ einem der dunkelsten Kapitel US-amerikanischer Geschichte – der Sklaverei, geschickt aufgepeppt durch eine überraschende Liebesgeschichte. So manche Szenen über die menschenverachtenden Verhältnisse damals gehen an die Nieren, da, wo sie hinsollen, doch zerfällt dieser ernsthafte Blick, wenn er mit völlig überzogenen, blubbernden Blutgelagen bei Schießereien gepaart wird. Beides hat seinen Reiz, nur fehlt der gemeinsame Nenner. Homogener wirkt da schon die hervorragende Kameraarbeit, welche Retro-Reißzooms, moderne Steadicam-Standards und Tarantinos persönliche Vorlieben (Vogelperspektiven, Kreisfahrten, wenige Nahaufnahmen) zu einem spannenden Stil vereint.
Wo die Kameraführung auftrumpft, bleibt die Montage eher schlicht. Egal, ob es damit zu tun hat, dass Tarantinos Stammcutterin Sally Menke vor Produktionsbeginn verstarb, „Django Unchained“ ist jedenfalls für Tarantino-Verhältnisse sehr linear erzählt. Für die einen mag dies von neuer Reife zeugen, für die anderen waren gerade die narrativen Verschachtelungen der größte Spaß an QTs bisherigen Werken. Einen Gefallen tut sich „Django Unchained“ mit der betont geradlinigen Erzählweise nicht immer, denn so offenbaren sich gnadenlos des Regisseurs Vorlieben für ausschweifende Dialoge und sorgen für einen spürbaren Durchhänger während der DiCaprio-Episode. Dass der Film nochmal zehn Minuten länger ist als die ohnehin schon überlangen Vorgänger „Pulp Fiction“, „Jackie Brown“ und „Inglourious Basterds“, lässt sich nicht ausreichend rechtfertigen.
So ganz unverständlich ist die Lust an der Länge allerdings nicht, schließlich hat Tarantino wieder eine Topbesetzung um sich geschart. Es gibt schauspielerisch keinen einzigen Ausfall, nicht mal ansatzweise, nur dankbarere und weniger dankbare Rollen. Christoph Waltz, der diesmal auf perverse Weise zu den Guten gehört, hat es wieder sehr dankbar erwischt und tobt sich als Dr. King Schultz königlich kultiviert aus. Leonardo DiCaprio, der nach „Titanic“ so lange harte Kerle gespielt hat, bis man es ihm vollends abkaufte, war nie besser als hier in seiner ersten echten Schurkenrolle. Doch auch und vor allem Samuel L. Jackson sowie Don Johnson zeigen in kleineren Rollen ihr bestes Können, wohingegen Oscarpreisträger Jamie Foxx als Hauptdarsteller geradezu subtil, doch nicht minder souverän daherkommt.
Als wären die ausgezeichnet besetzten Hauptfiguren nicht schon genug, ist „Django Unchained“ auch mit mehreren, pfiffig eingebauten Gastauftritten angereichert. Der Teufel steckt eben wieder in Details beziehungsweise Referenzen, so trägt die im Film gesuchte Sklavin Broomhilda auch nicht zufällig den Nachnamen ‚von Shaft‘. Was der Tarantino-Fan neben der hilflosen Broomhilda übrigens etwas vermisst, sind die starken Frauencharaktere, da sonst nur Männer regieren. Ungewohnte Ansätze und bewährte Markenzeichen halten sich in „Django Unchained“ die Waage. Diesmal schreibt Tarantino die Weltgeschichte nicht um, aber er spielt mit ihr, genau wie er mit dem Westerngenre spielt, statt ihm bedingungslos zu huldigen.
Im letzten Drittel verfällt „Django Unchained“ in ein seltsames Timing und feuert mehr Soundtrackbeiträge hintereinander ab, als dafür Luft zum Atmen vorhanden ist. Im Aufwiegen von Geschwätzigkeit mit Atmosphäre war Tarantino auch schon mal besser. Doch er hat mit seinem achten Spielfilm alles in allem eine originelle, witzige, deftige weitere Variante des Rachefilms hingelegt, die sich allein des herausragenden Schauspiels wegen lohnt. Erst recht natürlich in der Originalfassung, mit wunderbar viel ‚Nigger‘, ‚Motherfucker‘ und nicht zu vergessen ‚Prost‘!
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Django
Navajo Joe
Mandingo
Echt interessant wie vorsichtig alle rezensieren. Sich auf die Technik zurückziehen, nur um sich nicht mit den Inhalten auseinander setzen zu müssen. Django… Ist der punkigste aller Tarantino Filmen. Warum? Weil der nicht den Erwartungen entsprochen hat. Weil er dem herrschenden Zeit- und Filmgeist in den Arsch getreten hat.
Tarantino, der Erfinder des coolen Tötens, gibt der Gewalt ein Ziel. Dieses Mal sind es eben keine Nazis sondern Weiße und vor allen Dingen Menschen, die ihre Unterdrücker verteidigen oder sich sogar mit ihnen identifizierten.
Ist ja auch vielleicht zu offensichtlich und ist ja auch nur ein Western…
Naja, die Dummheit des Geldes wird eben nur durch jene übertroffen, die nach ihr streben.
Es ist gerade so, als wollten viele nicht merken, dass die Story immer dann einen Schub bekommt, wenn Geld ins Spiel kommt. Vier, fünf Mal wendet sich die Geschichte, was ja platt ist und Absicht.
Italo-Western wurden ja oft von politischen Menschen gemacht. Sie erschufen Gegenentwürfe und Antihelden.
Tarantino aber erschafft einen Helden und einen Film mit klarer Aussage.
Den Inhalt ausführlich auseinandernehmen ist meistens einfach nicht mein Ding. In diesem Fall habe ich es nicht getan, weil Tarantino bei seinen angerissenen Themen aus meiner Sicht nicht sonderlich in die Tiefe geht, was auch okay ist, weil er ja sonst nicht mehr der Unterhaltung durch Gewalt und der verdrehten Genrehommage hätte frönen können. Der punkigste Tarantino bleibt für mich „Death Proof“, weil er sich am wenigsten um das zeitgenössische Publikum schert.
Ich bin Quentin Fan der ersten Stunde und habe alle Filme gesehen inkl. Four Rooms!
Aber was soll bitte dieser Respektlose Denunzierende Django sein? Mich wundert es ja das der Film in Amerika keine Rassenunruhen ausgelöst hat.
Ich habe noch nie einen so unreflektierten Quentin Streifen gesehen wie Django.
Man kann doch dem Filmpublikum keinen Western B Movie verkaufen, um dann nach einer Stunde Laufzeit in einen Südstaaten Holocaust zu kippen, da hilft auch die Endabrechnung nichts mehr. Mit keinesfalls üblichen wie Quentin ausmachenden qualitativ hochwertigen und selbstreflektierenden Gewaltszenen. Sondern mit einem Übermass an beschämenden verachtenswerten Szenen.
Von solcher Echtheit und Arroganz ausgeführt das man meinen könnte das alles sei mit einer von Herzen kommender rassistischer Geilheit geschehen.
Nein danke das ist kein Quentin Tarantino Streifen wie alle anderen zuvor, das ist rein gar nichts und verachtenswert.
Wenn Geschichtsaufarbeitung dann richtig, wenn Western dann Western aber bitte nicht beides in einem das funktioniert nicht sondern verstört.
Ich hoffe für Quentin das er sich seiner wieder besinnt und wirkliche Tarantino Filme dreht die ihn ausmachen und keinen möchte gern Hollywood Geschichtsscheiß.
Mit freundlichen Grüßen
Ein Fan
Danke für diesen Kommentar, der genau die andere Seite aufzeigt, die noch gefehlt hat. Also derartig angegriffen habe ich mich von dem Film nicht gefühlt. Aber ich finde wohl, dass die Gewalt diesmal einen anderen Unterton hat als in allen anderen Tarantinos. Ein Unterton, der sich mir noch nicht ganz erschlossen hat.
Ach Bob, wahrscheinlich fehlt dir gerade als Fan der Abstand. Auch die Erwartungen waren bei vielen Fans so hoch, dass sie den Film gar nicht gesehen haben…oder nur mit ihrem Fan-Auge. Tarantino erfüllt diese Erwartungen nicht und deswegen ist der Film so gut und ein echter Tarantino. Wenn es dich stört, dass Tarantino mit seiner Gewalt jetzt Aussagen und Wertungen trifft, ist das wohl dein Problem.
Tarantio erzählt mit Konsequenz und Härte wie mit Unterdrückern umzugehen ist und verschont auch nicht die Mitläufer.
Meine Theorie ist, dass sich jene am meisten aufregen, die dich sich in der Rolle des Stephen wiedererkennen. 😉