Originaltitel: Gravity
USA, GB | 2013 | 91 Min. | FSK: ab 12
Drama, Thriller
Regie: Alfonso Cuarón
Drehbuch: Alfonso Cuarón, Jonás Cuarón
Besetzung: Sandra Bullock, George Clooney
Kinostart: 03.10.13
DVD/Blu-Ray VÖ: 21.02.14
Links zum Film:
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Bilder © Warner Bros. Entertainment Inc.
Worum geht’s?
600 Kilometer über der Erde gerät eine Routinemission der Raumfahrt zum Desaster. Für den erfahrenen, besonnenen Astronauten Matt Kowalski ist es der letzte Ausflug vor dem Ruhestand, während sich die Ingenieurin Dr. Ryan Stone zum ersten Mal im All befindet. Die beiden sind die einzigen Überlebenden, als umherschwebende Trümmerteile eines Satelliten das Shuttle zerstören. Ohne Funkkontakt zur Erde gilt es, die nächstgelegene Rettungskapsel zu erreichen.
Wie ist der Film?
Mit etwas Glück kommt jedes Jahr ein Film heraus, der uns zeigt, dass Kino immer noch etwas Neues bieten kann, dass die Grenzen des Mediums noch nicht ausgeschöpft sind und wir immer noch staunen können wie Kinder. Im Kinojahr 2013 ist das „Gravity“. Regisseur, Autor, Produzent und Cutter Alfonso Cuarón („Children of Men“) verlagert eine im Kern schon oft erzählte Überlebensgeschichte in die unendlichen Weiten des Alls, wo es selbstverständliche physikalische Erdgesetze ganz neu zu überdenken gilt. So majestätisch und gleichzeitig so authentisch, wie der schwerelose Raum hier schließlich in Szene gesetzt ist, vermittelt „Gravity“ für ihn ein Gefühl, das man so vorher noch nicht erlebt hat.
Bahnbrechende Robotertechnik, komplizierte Drahtsysteme sowie bis ins kleinste Detail ausgeklügelte Plansequenz-Choreografien erlauben eine Bildgestaltung, wie sie entfesselter und präziser nicht sein könnte, sodass man gar nicht daran zweifeln mag, sich hunderte Kilometer von der Erde entfernt zu befinden. „Gravity“ zieht recht erfolgreich alle Register, um ein Mittendrin-Empfinden zu vermitteln, auch durch den dezent, aber wirkungsvoll eingesetzten 3D-Tiefeneffekt. Kameramann Emanuel Lubetzki („The Tree of Life“) war bis dato fünfmal für den Oscar nominiert, ohne Sieg. Jetzt scheint seine Zeit endlich gekommen, nicht zuletzt dank der perfekten Symbiose von realen und computergenerierten Bildern. Diese ist seit „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ bei der Oscar-Jury ohnehin schwer angesagt und wurde nun noch einen Schritt weiter gebracht.
Nicht einmal die Raumanzüge sind echt, und doch sieht „Gravity“ bei aller Stilisierung stets glaubhaft aus. Die größte Stärke des Films liegt ja auch darin, ein Weltraum-Thriller, jedoch keine Science-Fiction zu sein. Der von Menschenhand verursachte Weltraumschrott, der mit rasender Geschwindigkeit die Erde umkreist und Gefahr läuft, aktive Raumstationen zu treffen, existiert wirklich. Umso packender ist die darauf aufbauende Handlung. Ebenso leistet die gekonnt mit Laut und Leise spielende Tonebene ihren entscheidenden Beitrag. Weil das All geräuschlos ist, regiert auch in „Gravity“ eine beklemmende Stille, welche die völlige Isolation der abgedrifteten Menschen glänzend unterstreicht. Damit nicht alles zur Trostlosigkeit verkommt, gibt es aber auch eine passend unkonventionelle Musik, die Geräusche in der Handlung ersetzt und Emotionen lenkt.
Bei all dem Ehrgeiz für die wegweisende, mitreißende Technik offenbaren sich die kleinen Schwächen von „Gravity“ in den Standardkomponenten Dramaturgie und Charakterzeichnung. So ein Projekt mit unterm Strich nur zwei Hauptfiguren steht und fällt natürlich mit der Schauspielerei. George Clooney („Up in the Air“) spielt einmal mehr im Grunde sich selbst und ist ausreichendes Zweckmittel für gelegentliche Auflockerung der sehr angespannten Grundstimmung. So weit, so gut. Warum gerade der mit einer durchwachsenen Filmografie behafteten Sandra Bullock („Blind Side – Die große Chance“) die Tour-de-Force der wichtigsten Rolle zuteilwird, ist nicht ganz klar. Allerdings beweist sie (wortwörtlich) eine gute Figur bei ihrer nur für Profis gemachten Darbietung. Nichtsdestotrotz bleibt die ganz große Empathie, die „Gravity“ zum Meisterwerk gemacht hätte, etwas auf der Strecke.
Zieht man etwa den Vergleich mit Tom Hanks in „Cast Away – Verschollen“, zeigt sich, dass man mit Bullocks Astronautin zwar mitleiden kann, sie aber zu wenig hergibt, um die Publikumsherzen wirklich an sich nehmen zu können. So angenehm konsequent „Gravity“ auch auf das Wesentliche reduziert ist, etwas mehr Hintergrundgeschichte hätte dem Film gut getan. So bleibt am (musikalisch dann doch etwas schwülstigen) Ende eine erzählerisch dünne Odyssee mit kleinen Durchhängern, auch wenn der Subtext über die Beziehung zwischen der Menschenmutter und Mutter Erde am Rande mitschwingt. Schade. Ansonsten ist „Gravity“ wunderschönes, visionäres Kino mit den großartigsten Tricktechnik-Illusionen seit „Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“.
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War richtig gut der Film