Lola rennt: Wie ein deutscher Film in den USA Wellen schlug

Stadt-TrubelDie Heldin mit den flammenroten Haaren kam wie aus dem Nichts und eroberte nicht nur die deutsche Filmlandschaft, sondern auch die internationale Indie-Szene. Dabei hatte Lola (Franka Potente) keine Zeit zu verlieren, denn schließlich stand das Leben ihres Freundes Mani (Moritz Bleibtreu) auf dem Spiel. Schon über 20 Jahre ist es her, als Tom Tykwer seinen Exportschlager aus Deutschland in die Kinosäle brachte. Obwohl der Regisseur in seinen jungen Jahren von Filmschulen abgelehnt wurde, realisierte er einen Action-Thriller, der sich mit schnellen Schnittfolgen, Technomusik und Trickfilmsequenzen von allen bisherigen deutschen Produktionen abhob. „Lola rennt“ schaffte es, auf unkonventionelle Weise die kulturelle Stimmung des Berlins der 90er einzufangen und beeinflusst noch heute Filmemacher auf der ganzen Welt.

Big in Hollywood

Kurz nach dem deutschen Filmdebüt im Jahr 1998, strömten auch in Los Angeles die Menschen in die Kinos, um Lola durch die Straßen Berlins laufen zu sehen. Auslöser waren berühmte Persönlichkeiten wie Winona Ryder, Julia Roberts und James Cameron, die bei ihrem Kinobesuch im „Nuart Theater“ in Los Angeles abgelichtet worden waren. Tom Tykwer galt in Deutschland schnell als nationaler Held: Noch nie zuvor war es einem deutschen Regisseur gelungen, das geballte Interesse Hollywoods auf eine europäische Low-Budget-Produktion mit Untertiteln zu lenken.

Das bekannte US-amerikanische Unterhaltungsmagazin „Entertainment Weekly“ gab dem „wirklich atemlosen Film“ die Bestnote, da er es geschafft hatte, sein Publikum 81 Minuten lang in seinen Bann zu ziehen. Die deutsche Hauptdarstellerin Franka Potente erschien kurz darauf auf amerikanischen Titelblättern. Unter anderem wurde sie für das Cover des „Time Out“-Magazins und des „Filmmaker“-Journals abgelichtet. Der Film-Soundtrack „Komm zu mir“ landete auf Platz 5 der elektronischen Billboard Charts.

Weitere Erfolge und Preise

Es war nicht nur die außergewöhnliche Produktion des Films, die immer mehr Zuschauerinnen und Zuschauer in die Kinos lockte. Auch inhaltlich stieß der Kassenschlager auf große Resonanz: Lola steht vor einem simplen, aber dennoch fesselnden Problem. Sie hat 20 Minuten Zeit 100.000 DM zu beschaffen, um das Leben ihres Freundes zu retten. In drei verschiedenen Zeitspannen von jeweils 20 Minuten trifft Lola drei verschiedene Entscheidungen, die mit unterschiedlichen Ausgängen enden. Nur eine Zeitspanne garantiert dem Paar das ersehnte Happy End.

Nach den ersten Erfolgen in Los Angeles, wurde der Kultfilm auch in vier New Yorker Kinos gezeigt. Anschließend erhielt „Lola rennt“ bei Film Festivals in San Francisco und Seattle renommierte Auszeichnungen. Auch beim Sundance Film Festival erhielt Tom Tykwer einen Preis für sein Meisterwerk. Erst nach dem Erfolg in den USA wurde das europäische Publikum außerhalb Deutschlands auf den ungewöhnlichen Film aufmerksam.

Einflüsse auf die Filmindustrie

„Lola rennt“ experimentiert mit einer Formel, die wir sonst nur aus Videospielen kennen. Eine Frau versucht in drei Zeitleisten das Leben ihres Freundes zu retten, doch jedes Mal ändert ein triviales Geschehnis das Endergebnis“, schrieb das US-Magazin „Esquire“ im Jahr 1999. Rund 15 Jahre später fügte es in einem anderen Artikel hinzu, dass Filme wie „Edge of Tomorrow“ ohne Tykwers Vorlage nicht existieren würden. Die Regisseure des Actionfilms „Das Bourne Ultimatum“ (2002) waren von Franka Potente so beeindruckt, dass sie ihr Drehbuch kurzerhand auf die deutsche Schauspielerin umschrieben.

Die fesselnde Erzählweise in „Lola rennt“ beeinflusste auch die TV-Landschaft: Die Wiederholung von ein und derselben Zeitsequenz kann man zum Beispiel in der Akte-X Folge „Mondays“ verfolgen. In der vorletzten Folge der Fernsehserie „Buffy – Im Bann der Dämonen“ beginnt die Handlung mit einer durch Berlin laufenden Frau, die Lola nachempfunden ist. Die US-Comedy-Serie „Community“ basiert sogar eine ganze Folge auf Tykwers Film und integriert Trickfilmsequenzen im ähnlichen Stil. Auch „Die Simpsons“ widmen Tykwer eine Folge, in der Marge in die Rolle der Hauptdarstellerin schlüpft.

Zu Unrecht stempelten Kritiker „Lola rennt“ kurz nach seinem Erscheinungsdatum als langen MTV-Videoclip ab. Tom Tykwer bewies nicht nur, dass die Filmschule sein Talent verkannt hatte, sondern auch, dass ein europäischer Indie-Film über Nacht die USA erobern kann. Die Tatsache, dass nur ein kurzer Augenblick den gesamten Verlauf eines Lebens ändern kann, spricht wohl eine universelle Sprache, die alle Menschen verstehen.

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