Originaltitel: Tusk
USA | 2014 | ca. 102 Min. | FSK: ab 16
Horror, Komödie
Regie: Kevin Smith
Drehbuch: Kevin Smith
Besetzung: Justin Long, Michael Parks, Génesis Rodríguez u.a.
Kinostart: —
DVD/Blu-Ray VÖ: 07.05.15
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Bilder © Sony Pictures Home Entertainment
Worum geht’s?
Die Freunde Wallace und Teddy moderieren den erfolgreichen Comedy-Podcast ‚The Not-See Party‘. Um für den Podcast den Helden eines viralen Videos zu interviewen, reist Wallace nach Kanada. Doch der Plan geht nicht auf. Stattdessen findet Wallace spontan einen neuen Interviewpartner in einer abgelegenen Villa: Howard Howe, ein Seemann im Ruhestand. Zu spät bemerkt Wallace, dass Howard plant, ihn in ein menschliches Walross zu verwandeln.
Wie ist der Film?
Was zur Hölle dieser Film soll, werden sich viele nach der Sichtung fragen, und es erfordert ein wenig Hintergrundwissen, um „Tusk“ angemessen verarbeiten zu können. Autorenfilmer Kevin Smith, bekannt für seine freche New Jersey Reihe, kehrte nach den künstlerisch unbefriedigenden Mainstream-Produktionen „Zack and Miri Make a Porno“ und „Cop Out“ zum kleinen Independentfilm zurück. Der selbstvermarktete „Red State“ – überraschenderweise ein Horrorfilm – blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. So kehrte Smith dem Filmgeschäft vorerst den Rücken und widmete sich verstärkt Aktivitäten wie dem Podcasting, wobei binnen kürzester Zeit die Geschichte zu „Tusk“ entstand.
Eine Folge von Smiths ‚SModcast‘ behandelte das reale Online-Gesuch eines alten, weitgereisten Herrn. Der Mann suchte einen Untermieter, unter der Bedingung, dass dieser sich jeden Tag für zwei Stunden ein Walrosskostüm anzieht und auch wie ein Walross verhält. Als Grund nannte der Mann die Erinnerung an seinen besten Freund auf einer einsamen Insel. Smith und sein Co-Moderator Scott Mosier malten sich unter Lachanfällen die Situation aus und spannen sie weiter – fertig war die nächste Filmidee, die ‚kuscheligere Version von „The Human Centipede“‘. Mit dem Hashtag #WalrusYes holte Smith sich die Bestätigung der Fangemeinde und landete schließlich viel schneller als gedacht wieder am Set.
„Tusk“ baut stilistisch auf dem grimmigen „Red State“ auf – wieder ein kleines Budget und der charismatische Michael Parks in einer Hauptrolle –, ist aber auch von Smiths typischem Humor durchzogen. Der Regisseur experimentiert mit Stimmungswechseln, wie er sie nach eigenen Angaben in „Pulp Fiction“ lieben lernte, geht aber nur halb so elegant vor wie ein Tarantino. Die Gags als Kontrast zur bedrückenden Grundstimmung wirken befreiend, lassen aber auch schwer daran zweifeln, dass Smith an seine Geschichte glaubt. Ironie und Metaebenen sind eine Sache, aber Smith scheint einfach nicht zum Horror zu stehen. Heraus kommt eine absurde Genremischung, die erzählerisch immerhin zu überraschen weiß und dadurch solide unterhält.
Justin Long („Voll auf die Nüsse“, „Drag Me To Hell“) spielt wunderbar passioniert, schießt dabei aber auch über die Grenzen der Identifikationsfigur hinaus. Das liegt nicht nur an seinem verwegenen Schnurrbart. Umso treffender gibt Michael Parks den Antagonisten, ein großer Gewinn für den Film. Außerdem zaubert Smith Haley Joel Osment aus dem Hut, den die meisten nur als Kind aus „The Sixth Sense“ und „A.I. – Künstliche Intelligenz“ kennen. Ein nettes Wiedersehen – er kann immer noch spielen. Génesis Rodríguez („The Last Stand“) ist als Frau zwischen den Fronten so schön wie talentiert. Und schließlich gibt sich ein großer Filmstar die Ehre, dessen echter Name nie genannt wird. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar, wer da so kongenial in die Rolle eines frankokanadischen Ermittlers schlüpft.
Bis auf einen miserablen Splatter-Effekt zu Beginn und billigen Schwarzweiß-Intermezzi, die die 40er Jahre darstellen sollen, ist „Tusk“ sehr sauber und hochwertig inszeniert. Seiner vielversprechenden Besetzung legt Smith gewohnt raffinierte Dialoge in den Mund. Bleibt nur diese verunsichernde Unentschlossenheit zwischen Horror und Farce. Kein Wunder, dass es „Tusk“ nicht in deutsche Kinos schaffte – das breite Publikum wäre völlig überfordert. Wer allerdings Kevin Smiths Denkweise kennt und experimentelles Independentkino schätzt, kann „Tusk“ genießen. Dafür, dass der Handlungsverlauf schon im Vorfeld weitgehend klar ist, hat sich der Regisseur so manche bizarre Überraschung einfallen lassen, um das Publikum bei Laune zu halten. Mal was anderes.
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