Sieben

Filmposter Sieben

8.5/10

Originaltitel: Se7en
USA | 1995 | 126 Min. | FSK: ab 16
Krimi, Thriller
Regie: David Fincher
Drehbuch: Andrew Kevin Walker
Besetzung: Brad Pitt, Morgan Freeman, Gwyneth Paltrow u.a.
Kinostart: 23.11.95
DVD/Blu-Ray VÖ: 09.12.05/21.01.11

Links zum Film:
IMDb | Wikipedia | Filmposter

Worum geht’s?

In einer verregneten, nicht näher benannten US-Großstadt: Eine Woche vor seiner Pensionierung wird Detective Somerset sein junger Nachfolger Detective Mills zugeteilt, der früher schon bei der Mordkommission arbeitete, aber mit seiner Frau neu in der Stadt ist. Die beiden bilden kein harmonisches Team, werden durch die Verfolgung einer mysteriösen Mordserie jedoch zusammengeschweißt. Offenbar will ein Unbekannter die sieben Todsünden Hochmut, Habgier, Neid, Zorn, Wollust, Völlerei und Trägheit anhand von grausamen Morden darstellen.

Wie ist der Film?

Nach „Alien 3“, David Finchers etwas chaotischer Einstieg ins Filmgeschäft, ist erst der Nachfolger „Sieben“ seine Festigung als Ausnahmeregisseur. Man darf den Film (muss man aber nicht) gerne als reinen Polizei-Krimi mit typischer Mörderjagd betrachten. Und von diesem Standpunkt aus gesehen lässt sich sagen, dass man so einen reinen Kriminalfilm kaum besser machen könnte.

Neben der Musik von Howard Shore sind die elektronischen Stücke sowohl eines der Markenzeichen des Films als auch eines der künftigen Markenzeichen von Regisseur Fincher und tragen zur dichten, eigenen Atmosphäre von „Sieben“ bei. Ebenso findet ein bekanntes Werk von Bach in einer Szene eine besonders schöne Verwendung. Vor allem aber sind es die Bilder, die die nachhaltige Grundstimmung, welche den Film ausmacht, generieren. Beeindruckend, wie das permanente Schmuddelwetter, die blassen Farben und die betont schmutzigen Sets den totalen Nihilismus der Handlung unterstreichen. Vor allem weil im sonnigen Kalifornien gedreht wurde.

Die unaufdringliche aber wirklich ganz hervorragende Schnitt- und Kameraarbeit verleiht der eigentlich sehr ungemütlichen Optik eine irgendwie faszinierende Ästhetik. Nicht zuletzt deswegen bleibt man während der zwei Stunden trotz des ruhigen Grundtons beinahe durchgehend interessiert und gebannt. Ein paar kleine Prisen von trockenem Humor lockern das Geschehen dann und wann etwas auf, ohne der konsequent finsteren Stimmung zu schaden.

Klar im Zentrum steht das ungleiche Ermittlerduo, stark gespielt von Morgan Freeman und Brad Pitt. Die wechselhafte Beziehung der beiden ist stets stimmig und nachvollziehbar gezeichnet. Der lakonische Freeman gefällt mit seiner Mischung aus Resignation und einem finalen Tatendrang. Pitt wirkt noch etwas verloren vor seinen beiden späteren, legendären Rollen als Jeffrey Goines in „12 Monkeys“ und Tyler Durden in „Fight Club“, ist in „Sieben“ in gewisser Weise aber auch die Quintessenz dieser beiden, nur diesmal auf der Seite des Staats. Als große Überraschung wird schließlich noch der unheimlichste Serienmörder seit Hannibal Lecter enthüllt – dieser Vergleich ist hier sehr bewusst gewählt, da man „Sieben“ als eine Art Nachkomme von „Das Schweigen der Lämmer“ sehen kann.

„Sieben“ ist großes Atmosphäre-Kino, ungeheuer brutal, distanziert sich aber gleichzeitig von jedem Selbstzweck der Gewalt, da diese quasi nur passiv, in der Ferne, im Off geschieht und es viel mehr um die Konsequenzen geht. Mit relativ dezenten Mitteln werden mehrmals Beklemmung und Spannung aufgebaut, vor allem zum Ende hin. Leider verleitet die finale Spannung zur Erwartung eines großen „Knalls“ am Ende, der dann aber nicht kommt. Dennoch ist die Handlung sehr clever und überraschend vollendet. Der deprimierende Schluss setzt das i-Tüpfelchen auf die Bitterkeit, die sich durch den ganzen Film zieht.

Diese Mordgeschichte ist krank, symbolhaft und ziemlich schlau, schafft es dabei aber, nicht abzuheben und sehr geradlinig zu bleiben. Da kann man den Gebrauch von diversen Klischees auch problemlos verzeihen. „Sieben“ zeigt sich nachdenklich, aber nur so nachdenklich, dass nichts der Action und Spannung im Wege steht. Einfach ein böser, kluger, auf allen Ebenen hochwertiger, meisterhafter Neo-Noir-Krimi und moderner Klassiker.

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Das Schweigen der Lämmer
Zodiac – Die Spur des Killers
Fight Club

5 Kommentare

  1. Sehr schönes Review, auch wenn ich “Se7en” den Klassiker-Status, der ihm ja nicht nur von dir verliehen wird, zwar gönne, aber selber nicht ganz zusprechen möchte – Aber das weißt du ja schon 😉

    Hast du “Zodiac” schon gesehen? Der ist zwar bei weitem nicht so atmosphärisch, wie “Se7en”, aber sowohl im Umgang mit dem Plot, in der Inszenierung und vorallem in der Figurenzeichnung ruhiger und reifer, als sein Quasi-Debüt. Nach “Fight Club” mein Lieblings-Fincher 🙂

    • Es ist ein paar Jährchen her, dass ich “Zodiac” gesehen habe. Damals konnte ich mit der Ruhe und Reife (noch) nichts anfangen und fand ihn daher schlicht enttäuschend. Da ist es ja noch viel schlimmer mit dem “Knall” am Ende, der dann sowas von nicht kommt. Ich müsste ihn jetzt, mit ein bisschen mehr Film-Erfahrung nochmal gucken, bezweifle aber, dass er deutlich besser abschneiden wird.
      Übrigens muss ich zugeben (eigentlich komisch, dass man da schon von “zugeben” sprechen muss), dass ich “Benjamin Button” ganz, ganz wunderbar fand. Der hat mich so verzaubert, dass ich gar nicht kritisch hinter die Fassade geguckt hab, wie das viele gemacht haben. Nach “Fight Club” mein Lieblings-Fincher. 😉

      • Ging mir ähnlich, ich fand’ “Zodiac” beim ersten Mal vor ein paar Jahren ebenfalls ziemlich langatmig und dröge; hat sich aber nach einer eher zufälligen Sichtung letztes Jahr rapide geändert – eine zweite Chance hat er also verdient 😉

        Komisch, “Benjamin Button” ist der einzige Fincher, mit dem ich so garnicht warmgeworden bin; viel zu aufgesetzt gefühlsduselig und letztendlich nur lang, aber trotzdem keinen besonderen Tiefgang oder vielschichtigen Plot. Nee, war nicht so meines 😉

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  1. Se7en (1995) « watched

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