Originaltitel: Die Friseuse
DE | 2010 | 108 Min. | FSK: ab 0
Drama, Komödie
Regie: Doris Dörrie
Drehbuch: Laila Stieler
Besetzung: Gabriela Maria Schmeide, Rolf Zacher, Ill-Young Kim, Maren Kroymann, Christina Große, Natascha Lawiszus u.a.
Kinostart: 18.02.10
DVD/Blu-Ray VÖ: 12.08.10
Links zum Film:
IMDb | Wikipedia | film zeit
Bilder © Paramount
Worum geht’s?
Die mehr als korpulente Friseurin Kathi König lebt nach der Trennung von ihrem Mann allein mit ihrer Tochter in einem Plattenbau in Berlin-Marzahn und sucht nach Arbeit. Die Chefin eines Frisiersalons im Einkaufszentrum weist sie ab, weil sie für den Beruf zu unästhetisch sei. Daraufhin kommt Kathi auf die Idee, ihren eigenen Salon zu eröffnen. Obwohl die Bank, Behörden und Schicksalsschläge ihr viele Steine in den Weg legen, verliert sie nicht ihre Lebenslust und kämpft dafür, ihren Traum zu verwirklichen.
Wie ist der Film?
Natürlich ist „Die Friseuse“ kein Film über Waschen, Schneiden und Legen. Die renommierte deutsche Regisseurin Doris Dörrie („Nackt“, „Kirschblüten – Hanami“) erzählt anhand eines greifbaren Beispiels von Toleranz und Intoleranz in unserer Gesellschaft. Das wohlgemerkt ohne spürbaren Zeigefinger, beachtlich authentisch und dabei auch noch unterhaltsam.
Was „Die Friseuse“ so überzeugend macht, ist zum einen das mit flotten aber nicht zu aufgesetzten Dialogen ausgestattete Drehbuch von Laila Stieler. Erstmals in ihrer Filmkarriere hat Dörrie das Drehbuch nicht selbst verfasst, was sich hiermit als unbedenklich herausstellt. Die Geschichte entwickelt eine gute Eigendynamik und nur selten entsteht der Eindruck, dass durch einen dramaturgischen Kniff künstlich nachgeholfen wurde. Ein halbdokumentarischer Stil mit Handkameras – trotz sprunghafter Schnitte unaufgeregt – unterstreicht die Lebensnähe der Geschichte. Es gibt solche Frauen wie Kathi. Die Protagonistin wurde ja auch einer realen Friseurin nachempfunden, die beim Dreh dabei war und manche Szene des Films tatsächlich so erlebt hat.
Bei der begleitenden Musik wird zuweilen in die Klischeekiste gegriffen, wenn mit dem schwerfälligen Gang der Dicken eine Tuba einhergeht. Ausgefallener und trotzdem passend sind dagegen etwa die skurrilen bis melancholischen Klänge des Akkordeon-Virtuosen Ivan Hajek. Es herrscht eine klangliche Vielfalt im Film, die sich aber auch nie in den Vordergrund rückt. Dort steht berechtigterweise allein die Hauptdarstellerin. Gabriela Maria Schmeide gibt eine mutige, unheimlich energiegeladene Darbietung als freche Sympathieträgerin fern des utopischen Schönheitsideals. Die Nebenfiguren verblassen manchmal regelrecht neben ihr und scheitern an ihrer Glaubwürdigkeit.
Dörrie taucht mit „Die Friseuse“ tief in ein reales Berlin ein, fernab der berühmten städtischen Wahrzeichen, und zeichnet eine authentische Tragikomödie, die neben dem Traum einer im doppelten Sinne starken Frau auch von Beziehungskrisen, dem Verständnis von Ästhetik und sogar einem Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen erzählt. Viele ganz verschiedene Themen vereint zu einer herzlichen, Mut machenden Sozialstudie, beinahe ohne dabei konstruiert und überfrachtet zu wirken.
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