Enemy

Filmposter Enemy

7.5/10

Originaltitel: Enemy
ES, CA | 2013 | 90 Min. | FSK: ab 12
Thriller, Drama
Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: Javier Gullón
Besetzung: Jake Gyllenhaal, Mélanie Laurent, Sarah Gadon u.a.
Kinostart: 22.05.14
DVD/Blu-Ray VÖ: 10.10.14

Links zum Film:
IMDb | Wikipedia | film zeit
Bilder © Capelight

Worum geht’s?

Geschichtsprofessor Adam Bell führt ein trostloses Leben zwischen Vorlesungen und routiniertem Sex mit seiner Freundin Mary, bis er sich auf Grund einer Empfehlung einen Film ausleiht und darin einen Schauspieler entdeckt, der exakt so aussieht wie er selbst. Verwirrt und neugierig macht Adam den Darsteller namens Anthony Claire ausfindig. Anthony steckt gerade in einer Krise mit seiner schwangeren Frau Helen und willigt nach anfänglicher Skepsis in die Konfrontation mit seinem Doppelgänger ein.

Wie ist der Film?

Es gibt so viele verschiedene Arten, diesen Film aufzufassen, doch zunächst lässt „Enemy“ den Großteil des Publikums mit denselben drei Worten auf den Lippen zurück, welche gemeinhin mit ‚WTF‘ abgekürzt werden. Regisseur Dennis Villeneuve machte schon mit dem Oscar-Anwärter „Die Frau die singt – Incendies“ auf sich aufmerksam, und unmittelbar bevor er den Kassenerfolg „Prisoners“ landete, drehte er das für die breite Masse untaugliche, nicht minder interessante Verwirrspiel „Enemy“, nach der Romanvorlage „Der Doppelgänger“ von „Die Stadt der Blinden“-Autor José Saramago. Mit der Verfilmung der kafkaesken Parabel hat Villeneuve ein echtes Kunststück vollbracht und avanciert endgültig zu einem der interessantesten Regisseure Kanadas.

Szenenbild EnemyMit einer erotisch aufgeladenen, an „Eyes Wide Shut“ erinnernden Eröffnungssequenz beginnt „Enemy“, bevor sich die Sogwirkung in einem fadenscheinigen Alltagsszenario weiter entfaltet. Meist passiert nichts Aufregendes, und doch generieren die ästhetischen Bilder durchgehend eine dezent packende Atmosphäre, akustisch unterstützt durch ein fast klischeehaftes, aber sehr wirkungsvolles Klarinettenthema. Ein rätselhafter Gelbstich verwandelt die Hochhauslandschaft Torontos in einen bedrohlichen Beton-Dschungel – schon dieses grundlegende Gestaltungsmerkmal mit Gelb als Farbe der Gefahr und Eifersucht birgt einen sehr präsenten Symbolismus, den „Enemy“ mit Riesenspinnen und Doppelgängern schließlich auf die Spitze treibt.

Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal weiß die Geschichte zu tragen, bevor das Gefühl der Verwirrung in schiere Frustration kippt; grandios nuanciert zeichnet er die feinen Unterschiede seiner beiden Rollen. An seiner Seite spielen die interessante Sarah Gadon („Cosmopolis“), die wunderbare, hier fast verschenkt wirkende Mélanie Laurent („Inglourious Basterds“) sowie Altstar Isabella Rossellini („Blue Velvet“) in der Mutterrolle – alle als elementare, und doch nur am Rande erscheinende Charaktere. Die Frauen sind der Dreh- und Angelpunkt in Gyllenhaals Two-Men-Show, eng verknüpft mit dem Sinnbild der Spinne – eine raffinierte Idee des Films, im Roman nicht zu finden. Doch der titelgebende Feind erweist sich als etwas anderes, und zwar nichts geringeres als die eigene Psyche.

Wie die Mystery-Streifen von David Lynch („Lost Highway“) ist „Enemy“ aus der Perspektive eins Unterbewusstseins erzählt, sodass der Realitätsbezug verschwimmt. Doch anders als Lynchs intuitiv gezeichnete Traumbilder haben die Allegorien in „Enemy“ ganz konkrete Bedeutungen und lassen sich dank einiger Hinweise logisch entschlüsseln. Heraus kommt ein unerotischer Erotik-Thriller, ein Spionage-Thriller ohne Geheimdienst und vor allem ein Film über den fortwährenden Kampf mit sich selbst, über die Gefahr der Versuchung. Ein Ausnahmewerk mit eigentlich ganz typischen Themen, ein zunächst ratlos zurücklassendes und daher nicht gerade befriedigendes Filmerlebnis, jedoch stets irgendwie faszinierend und für Fans angeregter Deutungsdiskussionen ein Fest.

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