Breaking the Waves

DVD-Cover Breaking the Waves

8/10

Originaltitel: Breaking the Waves
NO, FR, SE, NL, DK | 1996 | ca. 153 Min. | FSK: ab 12
Drama, Liebesfilm
Regie: Lars von Trier
Drehbuch: Lars von Trier
Besetzung: Emily Watson, Stellan Skarsgård u.a.
Kinostart: 03.10.96
DVD/Blu-Ray VÖ: 13.09.99

Links zum Film:
IMDb | Wikipedia | Studiocanal
Bilder © STUDIOCANAL

Worum geht’s?

An der Küste Schottlands in den 70er Jahren. Bess heiratet den Norweger Jan, zum Missfallen des Ältestenrats ihrer tiefreligiösen Gemeinde. Als Jan wieder für längere Zeit zurück zu seiner Arbeit auf eine entlegene Bohrinsel muss, hält die unsterblich verliebte Bess die Sehnsucht kaum aus und bittet Gott in ihren regelmäßigen Gebeten um eine schnelle Rückkehr Jans. Eine Tragödie nimmt ihren Lauf.

Wie ist der Film?

In diesem ersten Teil seiner ‚Golden Heart‘-Trilogie – basierend auf dem Märchen ‚Goldherz‘, das von einem bis zum Äußersten selbstlosen Mädchen handelt – erzählt der dänische Autorenfilmer Lars von Trier ein klassisches Melodram, aufgebrochen durch starke Symbolik und eine meist beachtlich wirklichkeitsnah anmutende, jedoch immer wieder auch mit (visuellen und akustischen) Kontrasten arbeitende Inszenierung. So experimentierfreudig das Handwerk ist, so angenehm linear und chronologisch wird hier eine Liebesgeschichte in sieben schlüssigen Kapiteln erzählt.

Szenenbild Breaking the WavesVon Anfang an vermittelt die Hauptfigur ob ihrer seltsam kindlichen Art eine gewisse Skepsis, die eine Zeit lang den bekannten, einfühlsam gestalteten Stationen einer frischen Liebe weicht. Dann aber tun sich parallel zu Liebesgeschichte und Schicksalsdrama die höheren Themen hervor, mit denen von Trier sein Publikum konfrontiert. Er hinterfragt das Gutmenschentum, das im Grunde alle Charaktere auf ihre Weise verfolgen, aber jedem von ihnen auf seine Weise, ob bewusst oder unbewusst, zum Verhängnis wird. Er hinterfragt bedingungslose Liebe wie die der Hauptfigur zu ihrem Mann. Er stellt die Fragen nach der Schuld und der Wahrheit und arbeitet in einem teils regelrecht provokativen Zusammentreffen von Religion und Wissenschaft heraus, dass man sie nicht einfach beantworten kann. Das alles in einer stringenten Handlung, die lediglich in ausgewählten Momenten gezielt irritiert.

Grobkörnige Bilder mit unbeständiger Schärfe und häufig schwenkende Handkameras schaffen eine besondere Anteilnahme und Nähe zu den Figuren, ohne dass dieser Stil zu stressig wird; Blicke direkt in die Kamera beziehen das Publikum als Komplizen in die Geschichte mit ein und lassen es doch nur handlungsunfähig mit ansehen, wie die naive aber liebenswerte Hauptfigur sich selbst zu zerstören droht. So verstärkt der Regisseur geschickt die Emotionen. Zum einen bricht von Trier mit seiner eigenwilligen Machart vorherrschende Standards. Zum anderen sehnt sich seine Hauptfigur nach einem Bruch, indem sie sich mit ihrem lebhaften Verhalten gegen die festgefahrene Gemeinde um sich herum auflehnt – Wellenbrecher außen, Wellenbrecher innen, „Breaking the Waves“. Von Trier zeichnet mit dem Leidensweg seiner Protagonistin ein Abbild der Passionsgeschichte Jesu. Dabei drängt er niemandem religiöse Sichtweisen auf, wohl aber die Beschäftigung mit dem Begriff Glaube.

Satte zweieinhalb Stunden hält sich die elegant unelegant geschnittene Geschichte von Bess und ihrem Jan auf einer Spannungslinie und weiß mehrfach zu bewegen. Allen voran überzeugt Hauptdarstellerin Emily Watson in – man glaubt es kaum – ihrer ersten Filmrolle überhaupt mit einer wahrlich faszinierenden Darbietung, die prompt für den Oscar nominiert wurde. Das letzte Kapitel behält sich dann diverse kleine Handlungsentwicklungen vor, die das restliche Erzählte so dermaßen konterkarieren, dass man es schon wieder als richtig mutig bezeichnen muss und das gewünschte Nachdenken über den Film erst richtig in Gang gesetzt wird. „Breaking the Waves“ ist ein starkes Drama über Liebe, Intoleranz und Haltlosigkeit. Geradlinig genug, um das Herz zu berühren, und komplex genug, um den Kopf gleichermaßen zu füttern.

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