Originaltitel: Tinker, Tailor, Soldier, Spy
GB | 2011 | 127 Min. | FSK: ab 12
Thriller, Drama
Regie: Tomas Alfredson
Drehbuch: Bridget O’Connor, Peter Straughan
Besetzung: Gary Oldman, Colin Firth, Tom Hardy, John Hurt u.a.
Kinostart: 02.02.12
DVD/Blu-Ray VÖ: 09.08.12
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Bilder © STUDIOCANAL
Worum geht’s?
Die frühen 70er, mitten im Kalten Krieg: Im Hauptquartier des britischen Geheimdiensts, genannt ‚Circus‘, erhärtet sich der Verdacht, dass eines der Mitglieder der Chef-Etage ein von der Sowjetunion eingeschleuster Maulwurf ist. George Smiley, einer der dienstältesten und besten Agenten, wird kurz nach der Verabschiedung in den Ruhestand reaktiviert, um gemeinsam mit einem jungen Kollegen in den eigenen Reihen zu ermitteln.
Wie ist der Film?
In Zeiten des James Bond-Reboots klärt „Dame, König, As, Spion“ über die realitätsnähere, gar nicht mal so coole und bedrückende Seite des Agentenlebens auf. Die 1974 erschienene Romanvorlage von John le Carré, der selbst beim Geheimdienst arbeitete, gilt als Standardwerk des Spionage-Thrillers und entstammt einer ganzen Reihe mit der wiederkehrenden Hauptfigur George Smiley. 1979 wurde die Geschichte bereits sehr erfolgreich als TV-Miniserie der BBC mit Alec Guiness („Adel verpflichtet“) in der Hauptrolle adaptiert. Die 2011er-Verfilmung erlaubt einen gesunden Abstand und eine neutralere Sichtweise auf die im Kalten Krieg angesiedelten Geschehnisse. Die geschaffte Distanz zu dem grimmigen Stoff ist aber auch ein Nachteil.
Den schwedischen Regisseur Thomas Alfredson, der mit dem ebenfalls auf einem Roman basierenden Vampir-Drama „So finster die Nacht“ seinen Durchbruch erlangte, für „Dame, König, As, Spion“ zu rekrutieren, scheint zunächst nicht naheliegend. Allerdings bringt er in dem Agenten-Thriller eine ähnlich frostige, sehr präsente Stimmung auf die Leinwand und tut der schwierigen Geschichte mit seinem inspirierten Handwerk einen großen Gefallen. Die zweite große Wohltat ist die Besetzung. Hierfür wurde nichts Geringeres als die britische Schauspieler-Elite verpflichtet. Darunter Oscar-Gewinner Colin Firth („A Single Man“), Urgestein John Hurt („Melancholia“), Senkrechtstarter Tom Hardy („Inception“) und viele mehr, die das Niveau in sichere Bahnen lenken.
Das Hauptaugenmerk allerdings liegt auf Gary Oldman („The Dark Knight“) als George Smiley. Er ist so kühl, dass es fast schon unheimlich ist. Erst bei genauerer Betrachtung wird die Anstrengung des Unterspielens sichtbar. Oldman geht mit eiserner Disziplin ganz in seiner Rolle auf und schafft es, mit minimalen Gesten eine starke Ausstrahlung aus in jahrelangem Training verdrängten Emotionen zu entfalten. Der politische Hintergrund der Geschichte wird weitestgehend ausgeklammert, um sich ganz auf die Spannungen zwischen den Figuren zu konzentrieren, die alle auf ihre jeweils eigene Art leiden. Und hier offenbaren sich die Knackpunkte von „Dame, König, As, Spion“: Es sind einfach zu viele Figuren, um sich emotional auf die unter rauer Oberfläche verborgenen Konflikte einzulassen und gleichzeitig in der fies verschachtelt erzählten Geschichte den Überblick zu behalten.
Eine Erzählweise, die in einem Roman funktioniert, lässt sich nicht so einfach auf einen Kinofilm übertragen, zeigt auch „Dame, König, As, Spion“, obwohl bereits vorsichtig abgespeckt und neu interpretiert wurde. Wichtige Details werden nur in Andeutungen erklärt; der unkommentierte Agentenjargon ist eine weitere Hürde. Sehr gewagt. Ein Hoch auf Filme, die den Geist fordern, doch die Frage ist, inwieweit es hier noch Spaß macht. Atmosphärisch dicht ist der Film allemal, doch entweicht im letzten Drittel, wo sich eigentlich alles zuspitzt, zunehmend die Luft, weil die Komplexität der gnadenlos ruhigen Handlung regelrecht zermürbend ist und das potentiell amüsante Spiel mit der Frage, wer sich wohl als Maulwurf entpuppt, nur bedingt ausgenutzt wird.
Thomas Alfredons erste englischsprachige Produktion ist im Kern eine erfrischend andere Agentengeschichte über die schwere Last des ständigen Misstrauens und moralischen Zwiespalts, die es sich durch ihre hohen Ansprüche ein Stück weit selbst verbaut, einen Draht zum Publikum herzustellen. Was bleibt, ist die Freude an der Cleverness für Knobelfreunde, eine meisterhafte Inszenierung mit eleganter Kameraführung und glänzend ausgearbeiteter, aber selten aufdringlicher 70er Jahre-Ausstattung sowie eine brillante Starbesetzung. Nach „The King’s Speech“ ist „Dame, König, As, Spion“ der neue britische Top-Beitrag der Filmpreis-Saison. Wegen mehr Verstand als Herz wird er das Nachsehen haben.
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