Hugo Cabret

Filmposter Hugo Cabret

6.5/10

Originaltitel: Hugo
USA | 2011 | 126 Min. | FSK: ab 6
Abenteuer, Fantasy, Drama, Mystery, Romanadaption
Regie: Martin Scorsese
Drehbuch: John Logan
Besetzung: Ben Kingsley, Sacha Baron Cohen, Asa Butterfield, Chloë Grace Moretz, Ray Winstone u.a.
Kinostart: 09.02.12
DVD/Blu-Ray VÖ: 16.08.12

Links zum Film:
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Worum geht’s?

Anfang der 30er Jahre streift der Waisenjunge Hugo Cabret heimlich, immer auf der Hut vor dem strengen Stationsvorsteher, durch einen riesigen Bahnhof in Paris und wartet dort die Uhren, wie er es einst von seinem Vater gelernt hatte. Dieser hinterließ ihm einen kaputten Roboter, den er zu reparieren versucht. Entscheidende Hilfe erhält er unverhofft von der abenteuerlustigen Isabelle. Gemeinsam kommen die beiden einem Geheimnis auf die Spur.

Wie ist der Film?

So schließt sich der Kreis um die zufälligerweise stark französisch geprägte Auswahl der Oscar-Anwärter 2012. Während Woody Allen in „Midnight in Paris“ der Gesamtheit der Schönen Künste mit Frankreichs Hauptstadt als Schauplatz Tribut zollt, schwelgt die französische Produktion „The Artist“ in Nostalgie um das klassische Hollywood. Andersherum geht nun „Hugo Cabret“ vor, in welchem Hollywood-Legende Martin Scorsese eine Hommage an den Beginn der Filmkunst, wieder in Paris angesiedelt, inszeniert. Dreimal Vergegenwärtigung der Vergangenheit, dreimal Kunst über Kunst, dreimal Film für Filmliebhaber und drei Herangehensweisen. Die von Scorsese ist die pompöseste und auch ungleichmäßigste.

„Hugo Cabret“ ist eine Kinderbuchverfilmung, was das einfältige Handlungsgerüst entschuldigt und hinreichend erklärt, warum der Handlungsort eine Mischung aus penibel recherchierter Realität und Märchenwelt ist. Weshalb der fast ausschließlich für grimmige Krimis bekannte Scorsese sich für so einen braven Stoff entschied, lässt sich vielleicht seinem Faible für Filmbiografien („Wie ein wilder Stier“, „Aviator“) sowie seiner großen Liebe zum Kino zuschreiben. Nachdem man einige Zeit lang spekulieren darf, in welche Richtung die Geschichte weitergesponnen wird, kristallisiert sich in „Hugo Cabret“ nämlich die Beschäftigung mit dem vielleicht prägendsten Filmschaffenden überhaupt heraus (dessen Name hier bewusst nicht verraten wird). In der Adaption der Vorlage zeigt sich: Diese im Kern sehr erwachsene Hommage, voller Zitate und Referenzen für Cineasten, verträgt sich nicht wirklich mit dem kindergerechten Abenteuergeplänkel.

Um bei seiner Verbeugung vor großen Vorbildern möglichst viele Zielgruppen anzusprechen, präsentiert Scorsese in „Hugo Cabret“ einen Crashkurs zur Filmgeschichte mit pathetischer Holzhammermethode, was eben doch nicht alle glücklich machen kann. Für die einen verliert sich das vermeintliche Hauptgeschehen um den Alibi-Protagonisten Hugo, für die anderen wirkt die Wertevermittlung („Erinnert euch an die Filmpioniere! Lest Bücher!“) zu plump. So intim die Liebeserklärung an das Kino rund um Klassiker wie „Ausgerechnet Wolkenkratzer!“, „Der General“ & Co in manchen Momenten anmutet, so nachlässig wird beim Drumherum in die Klischeekiste gegriffen. Trotz störender Zwiespältigkeit vergehen die satten zwei Stunden allerdings erstaunlich schnell, vor allem weil „Hugo Cabret“ so faszinierend anzusehen ist. Das detailverliebte Szenenbild ist ein Meisterwerk.

Scorsese ist bekannt dafür, gerne neue Wege zu bestreiten. In „Hugo Cabret“ nimmt er sich die 3D-Technik vor und lässt diese tatsächlich so einsetzen, dass sie der Geschichte bestmöglich dient und einen eher konstant verzaubert, statt mit pointierten Effekten zu amüsieren, was bisher, in diesem Maße, erst wenigen Vertretern gelang. Einmal eine neue Technik angefasst und sofort das Beste herausgeholt – so etwas zeichnet einen großen Regisseur aus.

In dieser wunderschönen Welt kommt es natürlich auch auf die Charaktere an. Hier bedient sich „Hugo Cabret“ eines stattlichen Staraufgebots, welches leider ziemlich verheizt wird, allein schon weil so manche prominent besetzte Figur der eigentlichen Handlung schlichtweg nichts Entscheidendes beizutragen hat. Die Ausnahme bildet ein wieder starker Ben Kingsley („Shutter Island“), der als gebrochener Mann am meisten Tiefe besitzt, auch im Vergleich zum etwas konturlosen Kulleraugen-Hugo und der diesmal leider ein wenig dem Overacting verschriebenen Chloë Moretz („Kick-Ass“, „Let Me In“) als weibliche Hauptfigur. Sacha Baron Cohen („Borat“, „Brüno“) ist einfach albern, geht aber als amüsante Auflockerung durch.

„Hugo Cabret“ vereint ein naiv zu Ende romantisiertes Märchen mit einem beachtlich nah an der Realität liegenden Künstlerportrait in einer grandiosen Optik, die wiederum stark an den zahlreichen Zeichnungen aus der Buchvorlage orientiert ist. Zum aufdringlich charmanten Paris-Flair der 30er Jahre liefert Howard Shore die entsprechende Musik. Mit einigen bewegenden Momenten gelingt es Scorsese, die Ur-Magie des Kinos durch eine zeitgemäße Magie ein Stück weit neu zu beleben und greifbar zu machen. Ungünstig ist nur, dass sich die wahrlich kitschige Rahmenhandlung dieser schönen Intention nicht ganz würdig erweist.

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