Originaltitel: Ich seh Ich seh
AT | 2014 | ca. 99 Min. | FSK: ab 16
Horror, Thriller, Drama
Regie: Veronika Franz, Severin Fiala
Drehbuch: Veronika Franz, Severin Fiala
Besetzung: Susanne Wuest, Elias Schwarz, Lukas Schwarz u.a.
Kinostart: 02.07.15
DVD/Blu-Ray VÖ: 22.10.15
Links zum Film:
IMDb | Wikipedia | film zeit
Bilder © Koch Media
Worum geht’s?
Eine abgelegene Villa mitten in malerischer Natur. Die Zwillingsbrüder Elias und Lukas beäugen ihre Mutter skeptisch, als sie nach einer Operation mit einbandagiertem Gesicht heimkehrt. Sie verhält sich streng, anders als sonst. Die Jungs hegen immer stärker den Verdacht, dass es sich bei der Frau gar nicht um ihre Mutter handelt.
Wie ist der Film?
Treffer. Das österreichische Regie/Drehbuch-Gespann Veronika Franz und Severin Fiala legt als Langspielfilm-Debüt lupenreines Genrekino mit Arthaus-Anspruch hin. „Ich seh Ich seh“ ist erstklassig fotografiert (35mm) und geht unter die Haut. Grusel inklusive Österreich-Dialekt gedeiht schon lange (siehe den Durchschnitts-Slasher „In 3 Tagen bist du tot“, die solide Zombie-Apokalypse „Rammbock“ und das annehmbare ‚Creature-Feature‘ „Blutgletscher“), aber ein mit „Ich seh Ich seh“ vergleichbares Niveau hat es seit Michal Hanekes „Funny Games“ (1997) nicht gegeben.
Zuweilen etwas befremdlich – passend zur Geschichte –, aber nie aufgesetzt wirken die Zwillinge Lukas und Elias Schwarz, die den Film ohne vorherige Schauspielerfahrung tragen. Susanne Wuest als Mama meistert hingebungsvoll verschiedene Facetten und wiegt das Publikum in beklemmender Unsicherheit. Großes Lob an die Regie. Der gemächliche Aufbau bleibt dank brillant komponierter, teils symbolträchtiger Bilder stets interessant. Elegante Aussparungen von Hintergrundinformation fördern die Atmosphäre. Weil die spärlichen Horror-Elemente in einer Art Pseudonaturalismus verwurzelt sind, wirken sie umso kraftvoller. „Ich seh Ich seh“ ist surreal und unmittelbar zugleich.
Am Ende bleibt die Frage, ob der Film sein Publikum verblüfft oder verarscht. Eine unzuverlässige Erzählweise muss man jedenfalls in Kauf nehmen. Wohl verwendet „Ich seh Ich seh“ diverse altgediente Bausteine des Thriller- und Horrorkinos – besonders im letzten Drittel, setzt diese aber in einen unverbrauchten Kontext. Heraus kommt ein wunderschön und auch schmerzhaft anzusehendes Familienportrait, das sich deutlich vom Genre-Einheitsbrei abhebt. Schleichender, poetischer Psychohorror mit einer sehr effektiven Prise Brutalität. Bitte mehr davon, erst recht im deutschsprachigen Raum.
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