Originaltitel: Jerichow
DE | 2008 | 93 Min. | FSK: ab 12
Drama, Liebesfilm, Thriller
Regie: Christian Petzold
Drehbuch: Christian Petzold
Besetzung: Benno Fürmann, Nina Hoss, Hilmi Sözer u.a.
Kinostart: 08.01.09
DVD/Blu-Ray VÖ: 25.09.09
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Bilder © Arne Höhne Presse
Worum geht’s?
Alles, was der Zeitsoldat Thomas nach seiner Rückkehr aus Afghanistan noch hat, ist das alte Haus, das ihm seine verstorbene Mutter vererbte. Zufällig trifft Thomas auf den reichen Unternehmer Ali und bewahrt ihn vor der Polizei. Daraufhin schließt Ali mit Thomas Freundschaft und macht ihn zu seinem Mitarbeiter. Thomas wird schnell auf Alis attraktive, distanzierte Ehefrau Laura aufmerksam und beginnt schließlich ein Verhältnis mit ihr. Alle drei haben ihre Sehnsüchte und Wünsche, doch keine davon können erfüllt werden, ohne einander weh zu tun.
Wie ist der Film?
Noch mehr als „Yella“ (2007) orientiert sich „Jerichow“ an einer bereits bekannten, geradezu klischeebelasteten Geschichte und erweitert diese mit ganz eigenen Ansätzen. Dabei handelt es sich nämlich um eine freie Adaption des bereits mehrfach verfilmten Romans „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ – eine klassische Dreiecksbeziehung um eine scheiternde Ehe und eine heiße Affäre. Regisseur und Autor Christian Petzold verlagert die Handlung in das dünn besiedelte Nordostdeutschland, die Prignitz, und erzählt dabei aus Sicht des Kapitalismuskritikers genauso von Geld wie von Liebe, sowie von der tragischen Abhängigkeit dieser beiden Dinge voneinander.
Schleichend und ahnungslos wird man über Hauptfigur Thomas in die Geschichte eingeführt, bis sich allmählich die Figurenkonstellation herauskristallisiert, um die sich alles dreht. Ganz auf die Charakterzeichnung fixiert, entwirft Petzold starre, beobachtende Bilder und arbeitet in leisen Tönen die Ambivalenz seiner Figuren heraus. Manchmal wirkt die Handlung unnatürlich langsam, in leidenschaftlichen Momenten unnatürlich schnell, jedoch niemals stilisiert, sondern konsequent bodenständig, unverblümt wahrhaftig. Die Charaktere sind abgestumpft und bereits von vornherein gescheiterte Menschen, was sie sich nach und nach in ihrem verzwickten Beziehungsnetz gegenseitig vor Augen führen.
Mit Benno Fürmann und Nina Hoss griff Petzold auf für ihn altbewährte Ensemblemitglieder zurück. Als kleiner Geniestreich hingegen erweist sich die Besetzung von Hilmi Sözer. Den Deutschtürken kennt man sonst nur als albernen Sidekick in Komödien wie „Ballermann 6“ oder „Der Schuh des Manitu“, doch in „Jerichow“ geht er verblüffend ernsthaft und feinfühlig in einer Hauptrolle auf, die zu keiner Zeit Zweifel aufkommen lässt. Mit meist nur ganz kleinen Gesten transportieren Fürmann, Hoss und Sözer ein großes Emotionsspektrum von trauriger Enttäuschung bis zu sich selbst überwältigender Leidenschaft. Ein interessantes Trio.
„Jerichow“ ist ein subtiles, spannend besetztes Thriller-Liebesdrama, in dem Petzold im Rahmen eines altbekannten Handlungsgerüsts wieder seine Markenzeichen unterbringt – ruhige, präzise Deutschlandbilder, die interpretiert werden wollen, mit sparsam aber punktgenau eingesetzter Musik. Dabei legt er im Gegensatz zum Vorgängerfilm sogar einen echten Showdown und ein prägnantes, klares aber trotzdem sanft nachhallendes Ende hin. Fans des Regisseurs werden wieder vollauf zufrieden sein. Sonstiges Publikum könnte an Petzolds Hollywood-Verweigerung wieder ganz schön zu knabbern haben, denn versäumt man es, den Film auf einer tieferen Ebene zu betrachten, kann es schnell langweilig werden.
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