Originaltitel: Grave
FR, BE | 2014 | 90 Min. | FSK: ab 18
Horror, Drama, Coming-of-Age
Regie: Julia Ducournau
Drehbuch: Julia Ducournau
Besetzung: Garance Marillier, Ella Rumpf, Laurent Lucas u.a.
Kinostart: —
DVD/Blu-Ray VÖ: 26.10.17
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Bilder © Universal Pictures
Worum geht’s?
Justine soll in die Fußstapfen der Familie treten und beginnt ein Studium der Tiermedizin. An der Hochschule wartet ihre ältere Schwester bereits auf sie, leistet jedoch kaum Hilfe bei den demütigenden Aufnahmeritualen für Frischlinge. Nachdem die überzeugte Vegetarierin Justine gezwungen wird, eine rohe Hasenniere zu essen, entwickelt sie plötzlich eine unbändige Lust auf Fleisch und beginnt, sich drastisch zu verändern.
Wie ist der Film?
„Raw“ feierte bei den Filmfestspielen von Cannes Premiere, war aber erst nach der Aufführung beim Toronto Film Festival einige Monate später in aller Munde. Dort brauchten einzelne Personen im Publikum medizinische Betreuung, da ihnen der Film zu stark auf den Kreislauf schlug – zur Freude der Marketingabteilung. Schnell wurden Gerüchte über einen außergewöhnlich brutalen Film laut, die sich allerdings nicht mit der unzensierten FSK-16-Freigabe vereinen lassen.
Das Langfilmdebut von Regisseurin Julia Ducournau zeigt keine überspitzten Splatter- und Gore-Orgien, jedoch viele kleine Verletzungs- und Kannibalismus-Akte, die gerade wegen ihrer realistischen Darstellung durch Mark und Bein gehen. Warum „Raw“ trotz aller Ekelerregung sehr positiv aufgenommen wird, liegt auf der Hand: Die drastischen Szenen dienen nicht dem Selbstzweck, sondern sind Metaphern für das Erwachsenwerden und weibliche Bürden.
Mit Elementen des Body-Horrors à la David Cronenberg („Die Fliege“), aber auch leisem Drama und pechschwarzem Humor meditiert „Raw“ über die Veränderung des (weiblichen) Körpers von innen und den patriarchischen Druck von außen; eine sexuell aufgeladene Verwirrung, die tiefer verwurzelt ist als man zunächst glaubt und sich in der Katastrophe entlädt. Mehrere Deutungsansätze sind möglich, aber „Raw“ taugt eindeutig zu mehr als Vegetarismus-Werbung. Man kann die Frau hier als gefährliches Opfer ihrer eigenen Emotionen sehen, vielleicht aber doch eher als Opfer einer Gesellschaft, gegen die sie sich wehren muss. So oder so bleibt der Film im Gedächtnis.
„Raw“ ist eine ästhetisch inszenierte, von den Nachwuchsstars Garance Marillier und Ella Rumpf („Tiger Girl“) gut gespielte Coming-of-Age-Horror-Tragikomödie voller einschneidender Momente. Eine teils holprige Erzählweise, semisympathische Figuren und natürlich Widerlichkeiten en masse machen „Raw“ zu einem unangenehmen Erlebnis, und doch versteckt sich dahinter ein cleverer kleiner Genre-Streich.
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Auf den bin ich extrem gespannt, da alle bisher gelesenen Kritiken am Lobhudeln sind. Irgendwas muss also dran sein an diesem Werk…
Hat mich richtig gefesselt. Mit Titane setzt sie noch einen drauf.
Bin immer noch sprachlos. Das ist Kino, wie es öfter sein sollte.
Vielleicht wird es Zeit für eine Zweitsichtung, und dann auch mal „Titane“.
An dieser Stelle herzlichen Dank für deine (un)regelmäßigen Kommentare. ☺️