Originaltitel: Wolke 9
DE | 2008 | ca. 99 Min. | FSK: ab 12
Drama, Liebesfilm
Regie: Andreas Dresen
Drehbuch: Andreas Dresen, Cooky Ziesche, Laila Stieler, Jörg Hauschild
Besetzung: Ursula Werner, Horst Rehberg, Horst Westphal u.a.
Kinostart: 04.09.08
DVD/Blu-Ray VÖ: 16.03.09
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Worum geht’s?
Inge geht auf die 70 zu, verdient noch etwas Geld als Änderungsschneiderin und lebt seit 30 Jahren in einer routinierten aber intakten Ehe mit Werner. Die beiden lieben sich und haben auch Sex miteinander. Doch als Inge Karl – nicht jünger als Werner – eine geänderte Hose vorbeibringt, erliegt sie ihm und beginnt eine Affäre. Inges überraschte Tochter rät, es einfach zu genießen. Doch um ihrem Mann wieder in die Augen sehen zu können, muss Inge ihm ihre neue Liebe gestehen.
Wie ist der Film?
Drei Jahre nach „Sommer vorm Balkon“ widmet sich Regisseur Andreas Dresen erneut dem aus deutschem Alltag gegriffenen Beziehungsportrait, nur geht er in „Wolke 9“ einen großen Schritt weiter, indem er seine Hauptfiguren dem als viel zu selbstverständlich betrachteten Durchschnittsalter enthebt. „Wolke 9“ lässt sich als Film über Liebe und Sex im Alter beschreiben. Das ist richtig, nur entsteht dabei leicht der falsche Eindruck, es handele sich um einen Episodenfilm mit einigen Rentnern, die alle auf ihre Weise noch im Saft stehen. Vielmehr ist „Wolke 9“ das klassische Dreiecksdrama, in dem die Protagonistin zwischen ihrem langjährigen Beziehungspartner und einer Affäre steht. Im Grunde nichts Neues, doch der Umstand, die Geschichte mit Menschen jenseits der 60 aufzuziehen, hat eine augenöffnende Wirkung.
„Wolke 9“ arbeitet gegen das naive Bild von Oma und Opa, deren gemeinsames Schicksal vorm heimischen Fernseher bis an ihr Lebensende besiegelt scheint. Geschickt schildert Dresen, in welch anderem Licht der geläufige Seitensprung steht, wenn er nach jahrzehntelanger Ehe im Lebensabend stattfindet. Viele, vielleicht erstaunliche Parallelen zu den Liebeleien junger Leute treffen auf ungleich stärker belastende Auswirkungen. Die Bildsprache unterstreicht die Einengung, in der sich die Charaktere befinden, sowie den Wunsch nach einem Ausbruch im Angesicht der Tatsache, dass man nicht mehr viel Zeit hat und der Frage, ob man getan hat, was man tun wollte.
Dresen wählt für seinen bekannten, halbdokumentarischen Stil beobachtende Perspektiven, ist aber trotzdem ganz nah an seinen Figuren. Die Stimmung ist lakonisch, aber nicht zäh. Vor allem wirkt sie echt, authentisch. Natürliche Beleuchtung, der konsequente Verzicht auf Musik und die improvisierten Dialoge tragen ihren entscheidenden Teil dazu bei. Mutig und ungeschönt, nicht aber vulgär und aufdringlich zeigt „Wolke 9“ Aspekte des Seniorenlebens, die man sonst einfach so verdrängt. Ein bedeutsamer, auch mal humoriger und vor allem berührender Film, der am Ende leider zu viel Drama herbeiführt und für individuelles Nachwirken zu deutliche Zeichen setzt. Nichtsdestotrotz ein Film, der irgendwann mal gemacht werden musste.
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