Originaltitel: Die Nibelungen
DE | 1924 | ca. 293 Min. | FSK: ab 0
Drama, Historienfilm
Regie: Fritz Lang
Drehbuch: Thea von Harbou
Besetzung: Paul Richter, Margarete Schön, Hanna Ralph u.a.
Kinostart: 26.04.24
DVD/Blu-Ray VÖ: 15.11.13
Links zum Film:
IMDb | Wikipedia
Szenenbild © Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Worum geht’s?
Nach seiner beendeten Lehre zum Schmied reitet der heldenhafte Siegfried nach Worms. Dort will er um die Hand der reizenden Kriemhild anhalten, von der man ihm erzählte. Kriemhilds Bruder, König Gunther, ist mit der Vermählung einverstanden, unter einer Bedingung: Siegfried soll Gunther im Gegenzug helfen, die stolze Brunhilde für sich zu gewinnen.
Wie ist der Film?
„Die Nibelungen“ lässt sich anhand von Aufwand und Handlungsmerkmalen getrost als der „Herr der Ringe“ der 20er Jahre bezeichnen, um das Epos einmal grob einzuordnen. Regisseur Fritz Lang und seine Autorin Thea von Harbou halten sich an Motive des mittelhochdeutschen Nibelungenlieds, welches wiederum auf der uralten Nibelungensage basiert. Mit Richard Wagners Opernzyklus „Der Nibelungenring“ hat der Stummfilm jedoch wenig zu tun, so wurde für ihn auch eine ganze eigene Musik verfasst.
„Die Nibelungen“ besteht aus „Teil 1 – Siegfried“ (150 Minuten) sowie „Teil 2 – Kriemhilds Rache“ (130 Minuten), die nacheinander veröffentlicht und vom Publikum unterschiedlich aufgenommen wurden, aber unbedingt zusammengehören. „Siegfried“ besticht durch wegweisende visuelle Effekte, die noch heute funktionieren. Der berühmte Drache kommt lebendiger daher als so mancher Godzilla aus den 60er Jahren. „Kriemhilds Rache“ dagegen zeichnet sich durch pompöse Massenszenen aus und mündet in einen hochdramatischen Showdown, der wirklich gefährlich aussieht (weil er zweifellos auch gefährlich war).
Realistische Naturaufnahmen treffen auf monumentale Kulissen, die den Filmstudios Babelsberg den Legendenstatus einbrachten; eine teurere deutsche Produktion hatte es bis dato nicht gegeben. Auch die Besetzung weiß durch die Bank zu überzeugen, stilecht mit großen Gesten und durchdringenden Blicken. Die vom hr-Sinfonieorchester rekonstruierte und neu eingespielte Originalmusik des Komponisten Gottfried Huppertz klingt glasklar und einfach magisch, pointiert auf die Bilder abgestimmt. So stört auch nicht das recht gemächliche Erzähltempo, zumal die Handlung in einem konsistenten Fluss verläuft, in zweimal sieben Kapiteln.
Bei allem Lob, perfekt ist anders. So bringen die Kürzung und Bearbeitung des Nibelungenstoffs fürs Kino diverse Tücken mit sich. Ohne solide Vorkenntnisse des Nibelungenlieds wirken manche Stellen seltsam willkürlich. Wichtige Nebenfiguren erscheinen beziehungsweise verschwinden arg plötzlich. Schwierig, da die Anzahl der Charaktere ab einer gewissen Zeit ohnehin unübersichtlich gerät. Besonders schade: Der Handlungsstrang um die starke Brunhilde – eine der spannendsten Figuren – läuft ins Leere, was allerdings bereits ein Problem der überlieferten Sage ist. Nichtsdestotrotz bleibt der Zweiteiler ein Meilenstein des Stummfilmkinos, der damals wie heute mitreißt.
Fritz Langs „Die Nibelungen“ ist eine kolossale, bemerkenswert bittere Mär von Ehre, Liebe und Hass, die die Dekadenz der Oberschicht herausstellt. Passend zum Erscheinungszeitraum lässt sich der Film als Prophezeiung des tragischen Untergangs der Weimarer Republik lesen, obwohl die Nazis ihn später zur Darstellung deutschen Heldentums instrumentalisierten. Die aufwändige Restaurierung der Murnau-Stiftung, mit Materialquellen aus zahlreichen Ländern, lässt den Film beinahe nochmal so erstrahlen wie Lang es vor rund 100 Jahren gewollt hat, auf DVD und Blu-ray.
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